Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 2 Abs. 2 WEG, § 7 WEG, § 8 WEG
Kommentar
Der Gemeinsame Senat der Obersten Bundesgerichte hat am 30. 6. 1992 entschieden:
Die Erteilung der Abgeschlossenheit bei Umwandlung von Altbauten in Eigentumswohnungen kann nicht von der Erfüllung heutiger Schall- und Wärmeschutznormen abhängig gemacht werden.
Der Gemeinsame Senat der Obersten Bundesgerichte hat sich mit dieser Entscheidung der Meinung des V. Zivilsenats des BGH vom 14. 2. 1991 (vgl. BGH, Entscheiung v. 14.02.1991, BReg 2 Z 150/91.) angeschlossen und damit die Rechtsprechung des Bayerischen VGH und des Bundesverwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, Entscheidung v. 08.05.1989, 2 B 87/01993und BverwG, Entscheidung v. 26.07.1989, 8 B 112/89, jeweils mit kritischen Anmerkungen) aufgehoben.
Nach Auffassung des neunköpfigen Gremiums des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe der Bundesrepublik ist damit die für die Begründung von Wohnungseigentum erforderliche Abgeschlossenheitsbescheinigung auch dann zu erteilen, wenn bei Altbauten Trennwände und -decken nicht den heutigen landesbaurechtlichen Anforderungen an Schall- und Wärmeschutz entsprechen sollten. Die von München ausgehende restriktive Haltung bei der behördlichen Erteilung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen wurde damit als nicht dem geltenden Recht entsprechend angesehen. Diese Meinung wurde auch von mir stets vertreten (vgl. u.a. Deckert in ZfBR 1990, 109; WE 1990, 75).
Eine eventuelle Verbesserung des Mieterschutzes zur Vermeidung von "Mietervertreibungen" nach evtl. "spekulativen" Wohnungsumwandlungen ist Sache des Gesetzgebers, wobei seit 1990 nach dem BGB (vgl. § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB) in Ballungsräumen ohnehin durchwegs eine verlängerte Kündigungssperrfrist von 5 Jahren gilt.
Trennwände und Trenndecken bei Altbauten müssen damit im Augenblick nicht dem Bauordnungsrecht des jeweiligen Bundeslandes entsprechen. Um Wohnungen als "abgeschlossen" im Sinne der behördlichen Abgeschlossenheitsverfügung von 1974 anzusehen, da bei der Frage der Abgeschlossenheit allein auf die räumliche Erscheinungsform des neu zu bildenden Wohnungseigentums abzustellen ist.
Link zur Entscheidung
( GmS-OGB, Beschluss vom 30.06.1992, GmS-OGB 1/91)
Zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung
Anmerkung:
Die Entscheidung wird im Augenblick vielfach aus politischen Kreisen, insbesondere aber auch von Mieterschutzorganisationen heftig kritisiert, da im Anschluss an diese Rechtsprechung neuerliche "spekulative Mietervertreibungen" befürchtet werden. Unbestreitbar gab es in den vergangenen Jahren vor restriktiver Handhabung der Erteilung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen bei vermieteten Altbauwohnungen vereinzelt solche Auswüchse zu Lasten langjähriger Mieter in Altbauten, die zur Umwandlung anstanden. Dies war auch der Grund für den Gesetzgeber, die Sperrfrist gerade in Ballungszentren und Großstädten mit Mietwohnungsnot auf 5 Jahre zu verlängern (von der gesetzlichen Ermächtigung des § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB an die Landesregierungen wurde durch Erlass entsprechender Rechtsverordnungen durchwegs Gebrauch gemacht, vgl. dazu im Einzelnen in Seuß/Metz/Blank, Vermieten und Verwalten (V + V), Gruppe 1, Seiten 3, 17 und 39).
Auf der anderen Seite ist jedoch zu sagen, dass trotz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums der Grundsatz der Verfügungsfreiheit über Immobilieneigentum nach derzeitiger Gesetzeslage erhalten werden musste und auch in der Vergangenheit nicht jede Umwandlung "spekulativ" und zu Lasten der Bewohner erfolgte. In vielen Fällen (häufig bei Wohnungsbestand in Händen großer gemeinnütziger Wohnungsunternehmen) erwarben gerade Mieter ihre bewohnte Wohnung nach Umwandlung zu Eigentum. Verkaufserlöse flossen hier auch wieder in den Neubaubereich. Berücksichtigt man nicht nur den notwendigen Schutz augenblicklicher Mietbewohner in Altbauten, sondern auch zukünftige Generationen, die dringend Mietwohnraum benötigen, sollte m.E. auch in diesem Bereich der Wohnungsmarkt tatsächlich wieder geöffnet und liberalisiert werden. Die geltende Rechtslage zumindest zum Wohnungseigentumsrecht geht bei der Frage der Begründung von Wohnungseigentum zumindest bei Altbauten nicht von der bestehenden Bausubstanz aus, respektive der Erfüllung im Übrigen landesrechtlich unterschiedlicher Baunormen. Etwas anderes mag allein hinsichtlich der meist auch erfüllbaren heutigen sicherheitsrechtlichen Brandschutzbestimmungen gelten.
Mieterschutz für augenblickliche Mietbewohner in einer solchen zur Umwandlung anstehenden Anlage muss in ausreichender Form das Miet- und Mieterschutzrecht gewähren (gegebenenfalls über weitere gesetzliche Verbesserungen), wobei ich jedoch der Meinung bin, dass sich durch neuerliche verschärfende Gesetzgebung zu Gunsten der augenblicklichen Mieter und zu Lasten der Vermieter die oftmals katastrophale Wohnungsmarktsituation eher verschlechtern als verbessern würde. Wie mir bekannt, scheuen es derzeit nicht zuletzt aufgrund strenger Mieterschutzgesetzeslage und mietgerichtlicher Rechtsprechung vie...