Leitsatz

Der Ehemann wandte sich im Ehescheidungsverfahren gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs mit der Begründung, er sei auf die erworbenen Versorgungsanrechte angewiesen, da er wegen Dienstunfähigkeit in den vorgezogenen Ruhestand getreten sei. Die Ehefrau hingegen habe bei Erreichen des Pensionsalters eine wesentlich höhere Versorgung aus einer Beamtenpension zu erwarten als er. Sie werde in Zukunft weitere Anwartschaften erwerben, während er hierzu aufgrund seiner 50 %igen Schwerbehinderung nicht mehr in der Lage sei. Im Übrigen habe er nach Wiederaufnahme der Berufstätigkeit durch die Ehefrau die gemeinsamen Kinder von 1997 bis 2005 versorgt und betreut. Der Ehemann hat daher beantragt, die Durchführung des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit gemäß § 1587c Nr. 1 BGB auszuschließen.

Die Beschwerde des Ehemannes gegen die erstinstanzliche Durchführung des Versorgungsausgleichs hatte keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, § 1587c Nr. 1 BGB könne auf den vorliegenden Sachverhalt nicht angewandt werden.

Der Umstand, dass sich der Ehemann seit 1999 wegen Dienstunfähigkeit im vorgezogenen Ruhestand befinde, führe für sich allein nicht zur Anwendung des § 1587c Nr. 1 BGB. Eine eingeholte weitere Auskunft der Wehrbereichsverwaltung West vom 15.2.2008 habe ergeben, dass der Ehemann, wäre er erst bei Erreichen der normalen Altersgrenze aus dem Dienst ausgeschieden, statt 917,55 EUR monatlich der wesentlich höhere Betrag von monatlich 1.213,03 EUR monatlich in die Berechnung einzustellen wäre. Damit stände der Ehefrau sogar ein höherer Versorgungsausgleich zu.

Ein Ausschluss des Versorgungsausgleich gemäß § 1587c Nr. 1 BGB sei dann gerechtfertigt, wenn die Durchführung eine Erhöhung der bereits ausreichenden Versorgung des Berechtigten zur Folge hätte und dem Verpflichteten Anrechte entziehen würde, auf die dieser dringend angewiesen sei (BGH, NJW 2005, 2455; BGH, FamRZ 2006, 769 [771]).

Am Ende der Ehezeit habe die Ehefrau nach den getroffenen Feststellungen lediglich im Versorgungsausgleich zu berücksichtigende Anwartschaften bei der LAK Hessen i.H.v. 832,19 EUR monatlich gehabt. Der Ehemann hingegen habe Anrechte ggü. der Bundesrepublik Deutschland i.H.v. 917,55 EUR während der Ehezeit erworben. Gemäß der Auskunft der Wehrbereichsverwaltung West belaufe sich der Betrag seiner Anwartschaften auf 1.112,48 EUR monatlich. Außerdem beziehe er von der Berufsunfähigkeitsversicherung monatlich 437,39 EUR. Eine Kürzung seiner Bezüge trete nicht ein, bevor die Antragstellerin entweder wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand trete oder die Altersgrenze erreiche. Beim derzeitigen Sachstand könne man nicht davon ausgehen, dass die Ehefrau bereits über eine ausreichende Altersversorgung verfüge, während der Ehemann so dringend auf seine derzeitige Versorgung angewiesen sei, dass ihm die Kürzung dieser Bezüge um 190,68 EUR nicht zugemutet werden könne.

Auch der weitere Ablauf könne nicht hinreichend sicher prognostiziert werden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Ehefrau wegen Krankheit oder anderer Gründe vorzeitig aus ihrem Beruf ausscheide. Hierbei müsse es sich nicht um Gründe handeln, die dazu führten, dass ihre eigene Berufsunfähigkeitsversicherung einspringe. Ob bei Beginn der Versorgungsbedürftigkeit der Ehefrau tatsächlich ein grobes Ungleichgewicht in der Versorgung der Parteien vorliege, könne derzeit nicht festgestellt werden.

Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zur Prüfung der Frage zugelassen, ob der BGH an seiner bisherigen Auffassung festhält oder ob § 1587c Nr. 1 BGB auf den vorliegenden Fall angewandt werden kann im Hinblick auf die derzeitige Prognose zur Höhe der Anwartschaften, die die Parteien bei Erreichen des 65. Lebensjahres der Antragstellerin haben werden.

Die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde eingelegt (BGH XII ZB 172/08). Eine abschließende Entscheidung hierzu ist noch nicht ergangen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Koblenz, Beschluss vom 02.09.2008, 11 UF 275/08

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