Leitsatz
Wer als Sohn oder Tochter Papas Firmenwagen fahrlässig vor einen Baum setzt, muss nicht unbedingt den Regress seitens der Kaskoversicherung fürchten. Zumindest dann nicht, wenn der Vater Gesellschafter oder Geschäftsführer ist.
Sachverhalt
Eine Kaskoversicherung hatte den Bentley einer GmbH & Co. KG versichert. Zur dienstlichen und privaten Nutzung überlassen hatte man den wertvollen Wagen einem der Kommanditisten, der zugleich an der Komplementär-GmbH beteiligt und auch ihr Mitgeschäftsführer war. Sein 17-jähriger Sohn benutzte den Wagen für eine unberechtigte Spritztour. Auf der Flucht vor der Polizei verunglückte er. Es entstand ein Sachschaden von ca. 45 000 EUR. Die Versicherung erstattete der Gesellschaft den Schaden, nahm aber dafür den Sohn des Gesellschafters in Regress. Die Versicherung klagte gegen den 17-Jährigen und verlor schließlich den Rechtsstreit vor dem BGH.
Grundsätzlich geht ein Schadensersatzanspruch des Versicherten oder Versicherungsnehmers gegenüber Dritten auf den Versicherer über. Dieser Übergang findet ausnahmsweise nicht statt, wenn der Dritte, der zum Schadensersatz verpflichtet ist,
- ein Familienangehöriger des Versicherten oder Versicherungsnehmers ist,
- mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt und
- den Schaden nicht vorsätzlich verursacht hat.
Diese Regelung will verhindern, dass Versicherte oder Versicherungsnehmer, die mit dem Schädiger derart eng verbunden sind, sonst mittelbar selbst finanziell durch den Schaden belastet würden. Die Kaskoversicherung ist jedoch eigentlich eine reine Sachversicherung. Früher vertrat der BGH daher die Ansicht, versichert sei durch sie ausschließlich das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung der Sache. Das wäre für den Sohn problematisch gewesen, denn Eigentümer war nicht sein Vater, sondern dessen GmbH & Co. KG: Wäre der Vater somit nicht als Versicherter zu betrachten gewesen, wäre ein Übergang von Ersatzansprüchen der Versicherungsnehmerin auf die Versicherung nicht ausgeschlossen gewesen.
Diese Meinung hat der BGH aber inzwischen in mehreren Urteilen zu Sachversicherungen aufgegeben. So kann in eine Sachversicherung auch zusätzlich das Interesse eines nutzungsberechtigen Nichteigentümers einbezogen werden, aufgrund seiner Haftung gegenüber dem Eigentümer nicht wegen Beschädigung oder Verlustes in Anspruch genommen zu werden. Es unterliegt dem Willen der Parteien des Versicherungsverhältnisses, welches und wessen Interesse der Gegenstand der Versicherung sein soll. Im Zweifel zählt daher die Auslegung, welche Interessen die Parteien als versichert vereinbart haben.
Eine ergänzende Vertragsauslegung ergab, dass in der Fahrzeugversicherung das Sachersatzinteresse der Gesellschafter und Geschäftsführer mitversichert ist, die gesellschaftsintern dazu berufen sind, das versicherte Fahrzeug zu nutzen. Somit schied der Übergang von Ansprüchen auf die Versicherung in ihrer Eigenschaft als Versicherer nach § 67 Abs. 1 VVG aus.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 5.3.2008, IV ZR 89/07.