Leitsatz

Will ein Unfallversicherer die Todesfallleistung kürzen, weil er eine Vorerkrankung für den Tod mitverantwortlich macht, muss er dies detailliert beweisen. Kann der Versicherer dies nicht, darf er die Leistung nicht kürzen.

 

Sachverhalt

Mit der Frage, wie ein Mitwirkungsanteil von mindestens 25 % nachgewiesen werden muss, damit ein Unfallversicherer eine Todesfallleistung kürzen darf, hatte sich der BGH zu befassen. Im Urteilsfall hatte ein Mann bei Reparaturarbeiten einen Kurzschluss ausgelöst und einen Stromschlag erlitten. Kurze Zeit nach dem Stromschlag war er verstorben. Die beklagte Versicherung lehnte die Leistung ab. Die Begründung: Der Tod des Versicherten sei Folge des Unfalls gewesen, sondern auf eine schwere Herzkrankheit zurückzuführen.

 Nachdem das LG die Versicherung dazu verurteilt hatte, die volle Todesfallleistung von 231.183 EUR zu zahlen, hatte das OLG die Verurteilung dahin geändert, dass es der klagenden Ehefrau nur die Hälfte der Klageforderung zuerkannte. Die Argumentation: Die Gutachten der Sachverständigen begründeten eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Mitwirkung der Vorerkrankungen und führten zu einer 50 %-igen Leistungskürzung. Beide Ursachen – der Stromschlag und die Vorerkrankungen – seien für den Tod des Ehemanns der Klägerin gleichwertig ursächlich.

Die Revision beim BGH führte allerdings zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung. Anders als das Berufungsgericht sahen die BGH-Richter ein strenges Beweismaß bei der Versicherung. Rechtsprechung und Literatur hielten eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht für ausreichend. Bleibe unklar, ob der Anteil der Mitwirkung 25 % oder mehr betrage, komme eine Leistungskürzung nicht in Betracht. Der Senat teilt damit die h.M., dass der Versicherer für einen Mitwirkungsanteil von mindestens 25 % den Vollbeweis nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO erbringen muss. Das Berufungsgericht muss nunmehr erneut prüfen, ob die Beklagte Versicherung den Nachweis erbringen kann, dass die Vorerkrankung des Ehemanns der Klägerin zu mindestens 25 % an seinem Tod mitgewirkt hat.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 23.11.2011, IV ZR 70/11.

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