Dr. Tibor Szocs, Dr. Zsuzsanna Kosa
a) Objektives Ehewirkungsstatut
Rz. 97
Das neue IPR-Gesetz regelt in § 27 das für die persönlichen und güterrechtlichen Verhältnisse zwischen den Ehegatten anzuwendende Recht wie folgt:
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Grundsätzlich ist das Recht des Staates anzuwenden, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten (zur Zeit der Beurteilung des Rechtsverhältnisses) besitzen; |
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Besitzen die Ehegatten zu diesem Zeitpunkt nicht die gleiche Staatsangehörigkeit, ist das Recht des Staates maßgebend, auf dessen Gebiet die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben; |
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Haben sie zum fraglichen Zeitpunkt keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort, ist das Recht ihres letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsorts maßgebend; |
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Hatten sie überhaupt keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort, dann ist das eigene Recht des Gerichtsstaates (lex fori) maßgebend. |
Rz. 98
Die Reichweite des objektiven Ehewirkungsstatutes erstreckt sich nicht auf den Ehegattenunterhalt. In dieser Hinsicht sind die Kollisionsnormen des HUntProt von 2007 maßgebend.
Rz. 99
Besondere Regeln gelten für die Rechtsfragen des Ehenamens. Gemäß § 16 Abs. (3)-(4) IPRG kann auf die eheliche Namensführung – auf gemeinsamen Antrag der Ehegatten nach ihrer Wahl – das Recht der Staatsangehörigkeit eines von ihnen oder das ungarische Recht angewendet werden. In Ermangelung eines gemeinsamen Antrags gilt das allgemeine Ehewirkungsstatut auch für die eheliche Namensführung. Eine weitere besondere Regel der Namensführung bestimmt, dass bei Beurteilung der Namensfrage in einem Eheprozess (Scheidung, Ungültigerklärung) das Recht anzuwenden ist, aufgrund dessen der Ehename ursprünglich entstanden ist.
Rz. 100
Bezüglich der Formerfordernisse für die Eheverträge gilt der Grundsatz forum negotii. Im Sinne des § 29 IPRG ist nämlich ein Ehevertrag formgültig, wenn er die Formerfordernisse des Rechts seines Abschlussortes oder diejenigen des allgemeinen Ehewirkungsstatutes erfüllt.
b) Rechtswahl
Rz. 101
Ein wichtiges Novum des neuen IPR-Gesetzes ist die Einführung der Möglichkeit der eingeschränkten Rechtswahl im Gebiet des Ehegüterrechts. Im Sinne des § 28 IPRG können die Ehegatten (oder Eheschließenden) für ihre güterrechtlichen Verhältnisse eines der folgenden Rechte wählen:
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das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer von ihnen zur Zeit der Vereinbarung besitzt; |
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das Recht des Staates, in dem einer von ihnen zur Zeit der Vereinbarung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; oder |
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die lex fori. |
Rz. 102
Kommt es erst in einem ehegüterrechtlichen Rechtsstreit zur Rechtswahl, ist die Wahlmöglichkeit zeitlich begrenzt: Die Wahl kann spätestens im Stadium der Prozessaufnahme, und zwar innerhalb einer vom Gericht festgesetzten Frist, erfolgen.
Die Rechtswahl entfaltet ihre Rechtswirkungen – wenn nicht anders vereinbart – nur für die Zukunft (ex nunc).
Rz. 103
Unter den von Ungarn geschlossenen bilateralen Rechtshilfeabkommen gibt es mehrere, die Kollisionsnormen bezüglich der persönlichen und güterrechtlichen Verhältnisse zwischen den Ehegatten enthalten.