Dr. Tibor Szocs, Dr. Ádám Tóth
Rz. 236
Das Nachlassverfahren lässt sich in zwei Verfahrensabschnitte einteilen:
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Im ersten Verfahrensabschnitt wird das Nachlassverzeichnis aufgenommen, indem die Gemeindeverwaltung den Nachlass ermittelt. In diesem Verfahrensabschnitt ist die Gemeindeverwaltung als Verwaltungsbehörde in das Verfahren einbezogen; ihre Tätigkeit richtet sich auf die Vorbereitung des notariellen Verfahrens. |
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Im zweiten Verfahrensabschnitt führt der Notar die Verhandlung durch. In bestimmten Fällen wird das Nachlassverfahren ohne Verhandlung abgewickelt (siehe Rdn 298). Gegen den Beschluss des Notars ist eine Berufung an das zuständige Gericht zweiter Instanz zulässig bzw. es kann ggf. eine Erbschaftsklage erhoben werden. |
Rz. 237
Das Nachlassverfahren beginnt, sobald die Gemeindeverwaltung amtliche Kenntnis von dem Tod des Erblassers erlangt. Ist der Erblasser in Ungarn gestorben, so ist der Leichenschauarzt verpflichtet, den Todesfall dem für den Ort des Todesfalls zuständigen Gemeindedirektor durch Ausfertigung des Leichenschauscheins zu melden. Ist der Erblasser nicht am inländischen Wohnsitz gestorben, übermittelt dieser Gemeindedirektor den Leichenschauschein dem nach dem letzten inländischen Wohnsitz des Verstorbenen zuständigen Gemeindedirektor; falls der Verstorbene keinen Wohnsitz im Inland hatte, dem nach der Lage des Nachlassvermögens zuständigen Gemeindedirektor. Der Todesfall kann dem Gemeindedirektor bzw. dem Notar auch von einer Person angemeldet werden, die ein rechtliches Interesse an der Einleitung des Nachlassverfahrens hat. Der Anmeldende hat in diesem Fall den Todesfall mit der Sterbeurkunde (oder u.U. mit einem rechtskräftigen gerichtlichen Beschluss über die Todeserklärung oder die Feststellung der Tatsache des Todes) nachzuweisen und sein rechtliches Interesse (die Eigenschaft als Erbe, Vermächtnisnehmer, usw.) glaubhaft zu machen. Bei Unzuständigkeit verständigt der Gemeindedirektor den für das Nachlassverfahren zuständigen Gemeindedirektor.
Rz. 238
Ist der Erblasser im Ausland verstorben, so muss die von dem ausländischen Standesamt (oder von der sonst zuständigen ausländischen Behörde) ausgestellte Sterbeurkunde mit einer beglaubigten Übersetzung eingereicht werden. Als beglaubigte Übersetzung wird nach ungarischem Recht nur eine von dem Ungarischen Nationalbüro für Übersetzungen und Beglaubigungen (OFFI) erstellte bzw. beglaubigte Übersetzung anerkannt. Die Sterbeurkunde bedarf i.d.R. einer Legalisation (diplomatische oder konsularische Überbeglaubigung von der ungarischen Außenvertretung) oder einer Apostille. Die meisten bilateralen Rechtshilfeabkommen gewähren aber eine Befreiung von Legalisation und Apostille für öffentliche Urkunden, so u.a. für Sterbeurkunden. Diese Urkunden werden auch gem. Art. 4 (i.V.m. Art. 2 Abs. (1) lit. c)) der EU-Verordnung über den grenzüberschreitende Urkundenverkehr von jeder Art der Legalisation und ähnlicher Förmlichkeit befreit. Die in Deutschland sowie in anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Sterbeurkunden bedürfen somit in einem ungarischen Nachlassverfahren keiner Legalisation.