Dr. Tibor Szocs, Dr. Zsuzsanna Kosa
Rz. 139
Der Vertrag über die Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Ehevermögens – unabhängig davon, ob er während oder nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft geschlossen wird – ist in einer öffentlichen Urkunde oder in einer von einem Rechtsanwalt gegengezeichneten Privaturkunde abzufassen. Die Formvorschrift kann ausschließlich dann außer Acht gelassen werden, wenn die Parteien darin Verfügungen über die untereinander aufgeteilten und in Besitz gegebenen beweglichen Sachen treffen.
Rz. 140
Den Inhalt eines solchen Vertrages können die Ehegatten im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit frei gestalten; es bestehen diesbezüglich keine gesetzlichen Schranken. Sie können das Sondervermögen des anderen Ehegatten gegenseitig anerkennen, sie können andere Eigentumsanteile festlegen als im Grundbuch eingetragen, sie können auch die Art der Aufhebung des gemeinschaftlichen Eigentums (z.B. Zuweisung des Eigentumsanteil des einen Ehegatten ins Alleineigentum des anderen; gemeinsamer Verkauf usw.) bestimmen. Als Wertausgleich können auch Vermögensgegenstände des Sondervermögens in die Auseinandersetzung einbezogen werden. Es müssen nicht alle Vermögensgegenstände einzeln, vollständig und detailliert nach ihrem Wert und Besitzverhältnis erfasst sein. Sie können z.B. nur die wichtigsten oder von ihnen für wichtig gehaltenen Vermögensgegenstände auflisten und erklären, dass das darüber hinaus bestehende gemeinschaftliche Vermögen in natura geteilt wurde. Sie können auch ohne Bezeichnung der konkreten Vermögensgegenstände und ihres Wertes Verfügungen treffen (sog. globale Abrechnung); in diesem Fall müssen im Vertrag die Höhe des einem der Ehegatten zustehenden Wertausgleichs sowie die Art der Erfüllung bestimmt werden. Es ist allerdings auch zulässig, dass die Ehegatten erklären, durch die Naturalteilung gleiche Vermögenswerte bekommen zu haben. Es ist auch möglich, über das gemeinschaftliche Vermögen in mehreren selbstständigen Verträgen, sogar zu verschiedenen Zeitpunkten zu verfügen (z.B. über landwirtschaftlich genutzte Immobilien, über Gesellschaftsvermögen, Geschäftsanteile). Die Ehegatten können auch nur einen Teil des gemeinschaftlichen Vermögens (z.B. das Immobilienvermögen) aufteilen, sie sind nicht an den tatsächlichen Vermögensstand zur Zeit der Beendigung der Lebensgemeinschaft gebunden, den Wert ihres Vermögens können sie selbst bestimmen.
Rz. 141
Die Parteien können die Aufhebung des ungeteilten Gemeinschaftseigentums auch mit der Abgeltung des zukünftigen Unterhalts für die gemeinsamen Kinder verbinden: Der unterhaltsverpflichtete Elternteil kann seine Verpflichtung mit Übertragung eines Vermögensgegenstands im Voraus erfüllen (z.B. Übertragung des Eigentumsanteils, der ihm vom gemeinschaftlichen Vermögen zusteht). Auch der Abgeltung des Ehegattenunterhalts durch einen Vermögensgegenstand steht kein Hindernis entgegen. Eine nachträgliche gerichtliche Änderung einer solchen vertraglichen Unterhaltsregelung (z.B. Erhöhung oder Herabsetzung des Abgeltungsbetrags) ist im Falle des Kindesunterhalts (nicht jedoch im Falle des Ehegattenunterhalts) nur ausnahmsweise – im Interesse des Kindes – zulässig.
Rz. 142
Die umfassende Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Vermögens durch einen gültigen Vertrag hat die Rechtswirkung, dass der Vertragsinhalt von keinem der Ehegatten im Nachhinein bestritten werden kann, und die Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Vermögens durch ein Gericht ist ausgeschlossen. Eine Partei kann jedoch gemäß den allgemeinen Regeln des Schuldrechts beim Gericht auf Feststellung der Ungültigkeit des Vertrags (z.B. wegen Verstoßes gegen die guten Sitten, auffälliges Missverhältnis der Leistungen, Willensmängel usw.) klagen. Gibt das Gericht der Klage statt, eröffnet sich die Möglichkeit, das gemeinschaftliche Vermögen zum Teil oder als Ganzes durch einen neuen Vertrag oder durch ein gerichtliches Urteil neu aufzuteilen.