Dr. Tibor Szocs, Dr. Ádám Tóth
Rz. 136
Aus der Erbfolge fällt weg, wer erbunwürdig ist. Erbunwürdigkeit ist nicht anzunehmen, wenn die zur Unwürdigkeit führende Handlung – gleich, gegen wen sie gerichtet war – vom Erblasser oder von der Person, gegen die sich die Handlung gerichtet hatte, verziehen wurde. Auf die Erbunwürdigkeit kann sich nur derjenige berufen, der beim Wegfall der unwürdigen Person selber erben würde oder von einer durch letztwillige Verfügung ihm auferlegten Verpflichtung oder anderen Last befreit wäre. Die Erbunwürdigkeit kann somit nicht von Amts wegen berücksichtigt werden. Der Wegfall wegen Erbunwürdigkeit hat zur Folge, dass an die Stelle des weggefallenen Erben der nächste Erbe tritt. Erbunwürdig ist:
Rz. 137
(1) Wer dem Erblasser nach dem Leben trachtete. Zur Feststellung der Erbunwürdigkeit ist auch geeignet, wer als Anstifter oder Gehilfe am Angriff gegen das Leben des Erblassers teilnimmt. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs kann ein Geschäftsunfähiger eine derartige vorsätzliche Tat nicht begehen, die der Erbunwürdigkeit zugrunde liegen könnte. Aus der Formulierung "nach dem Leben trachtete" lasse sich eindeutig erkennen, dass das Gesetz eine solche vorsätzliche Tat verlange, welche sich für das Erreichen eines gewissen Zieles gegen das Leben des Erblassers richte. Die Feststellung eines vollendeten Verbrechens sei nicht notwendig; der Versuch reiche aus, um den Grund der Erbunwürdigkeit zu verwirklichen; das gelte auch für einen Anstifter oder Gehilfen. Erforderlich sei aber, dass der Täter deliktsfähig, d.h. geschäftsfähig ist, denn rechtlich gelte nur die Handlung einer solchen Person als eine vorsätzliche vorwerfbare Tat. Aus der Formulierung "nach dem Leben trachtete" kann ferner abgeleitet werden, dass auch der Tatbestand der Körperverletzung mit Todesfolge davon erfasst ist.
Rz. 138
(2) Wer durch seine vorsätzliche Handlung den Erblasser daran gehindert hat, eine Verfügung von Todes wegen frei zu errichten, oder die Durchsetzung des letzten Willens vereitelt bzw. eines der beiden versucht hat. Dies gilt z.B. für denjenigen, der keinen Notar zum Erblasser gerufen hat, obwohl dieser auf die Errichtung eines notariell beurkundeten Testaments angewiesen ist (z.B. aus dem Grunde, dass er zur Unterzeichnung ihres Namens körperlich unfähig ist). Von diesem Erbunwürdigkeitsgrund wird auch erfasst, wer das bereits errichtetet Testament verheimlicht, versteckt, vernichtet oder trotz des ausdrücklichen Wunsches des Erblassers nicht vernichtet.
Rz. 139
(3) Wer, um am Nachlass teilzuhaben, einer Person nach dem Leben trachtete, die nach dem Erblasser zur gesetzlichen Erbfolge berechtigt oder vom Erblasser durch letztwillige Verfügung eingesetzt wurde. Nicht nur das gegen das Leben des Erblassers, sondern auch jegliches gegen eine nach der gesetzlichen Erbfolge erbberechtigte oder testamentarisch bedachte Person gerichtete Verhalten kann zur Erbunfähigkeit führen. Wesentlich ist, dass das Motiv des Angriffs gegen das Leben die Beteiligung des Angreifers am Nachlass sein muss.
Rz. 140
In der Praxis werden Erbunwürdigkeit einerseits und Ungültigkeit des Testaments andererseits oft verwechselt. Der Oberste Gerichtshof stellte deswegen in einer Entscheidung ausdrücklich klar, dass die Erbunwürdigkeit nicht die Ungültigkeit des Testaments zur Folge hat; es handele sich hierbei vielmehr um einen Fall des Wegfalls aus der Erbfolge. In das neue Ptk. wurde auch eine Bestimmung aufgenommen, wonach die erbunwürdig gewordene Person nicht nur mit dem Wegfall aus der Erbfolge bestraft wird, sondern auch die Berechtigung verliert, als gesetzlicher Vertreter die Erbschaft der an seine Stelle tretenden Person (z.B. seines minderjährigen Kindes) zu verwalten. Für die Verwaltung dieses Vermögens finden die familienrechtlichen Vorschriften über die Verwaltung des der elterlichen Vermögensverwaltung entzogenen Vermögens entsprechende Anwendung.