a) Allgemeines

 

Rz. 17

Der Betroffene (Erbe, Vermächtnisnehmer), der eine Eintragung aufgrund eines in einem anderen Mitgliedstaat erteilten ENZ in ein inländisches öffentliches Register veranlassen möchte, muss das ENZ mit seinem Eintragungsantrag unmittelbar bei der Registerbehörde einreichen. Die Mitwirkung eines ungarischen Notars bei Einreichung des Antrags ist weder erforderlich noch möglich.[24] Ausdrückliche Vorschriften über die Eintragung aufgrund eines ENZ sind nur in der ungarischen Grundbuchordnung (Inytv.)[25] vorgesehen.

 

Rz. 18

Nach allgemeinen Vorschriften des ungarischen Grundbuchrechts[26] müssen alle Urkunden, die als Eintragungstitel verwendet werden (gerichtliche oder behördliche Entscheidungen, notarielle öffentliche Urkunden, anwaltliche Urkunden), genaue Angaben über das betroffene Grundstück enthalten (Bezeichnung des Lageortes und Parzellennummer des Grundstücks). Von diesem Erfordernis sieht jedoch § 40/B. Abs. (3a)-(3b) Inytv. für die Eintragung aufgrund des ENZ ab: Im Falle eines ENZ ist nun keine Eintragungsvoraussetzung mehr, dass das ENZ Angaben über die konkreten Nachlassgegenstände enthält. Die Eintragung aufgrund eines ENZ ist auch dann statthaft, wenn es (in Anlage IV Ziffer 8) nur den ideellen Anteil der Nachlassbeteiligung des betroffenen Erben nachweist. Die genaue Bezeichnung des zum Nachlass gehörenden Grundstücks ist keine Eintragungsvoraussetzung mehr.

 

Rz. 19

Mit dieser Sondervorschrift wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es Mitgliedstaaten gibt,[27] in denen die erteilten ENZ grundsätzlich keine Angaben über den Bestand des Nachlassvermögens enthalten, da es nicht zu den Aufgaben des Nachlassgerichts (Nachlassnotars) gehört, amtlich festzustellen, welche Vermögensgegenstände zum Nachlass gehören.

 

Rz. 20

Enthält das ENZ nur Angaben über die ideellen Anteile der einzelnen Berechtigten am Nachlass ohne nähere Bezeichnung der zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände, so wird das Eigentum der einzelnen Berechtigten nach den vom ENZ nachgewiesenen Anteilen eingetragen. In diesem Fall reicht es aus, dass der Antragsteller (also der betroffene Erbe oder Vermächtnisnehmer) die genauen Angaben des fraglichen ungarischen Grundstücks in seinem Eintragungsantrag bezeichnet.[28]

 

Rz. 21

Zwingende Eintragungsvoraussetzung ist dagegen, dass der Erblasser bereits grundbuchmäßiger Eigentümer des fraglichen Grundstücks ist. Ist der Erblasser nur ein "außerbücherlicher Eigentümer" des Grundstücks (hat er das Grundstück also selbst im Wege einer Erbfolge erworben und die Eintragung seines Eigentumsrechts erfolgte noch nicht), so kann das Eigentumsrecht des Erben aufgrund des ENZ einstweilen nicht eingetragen werden; vielmehr muss vorerst das Eigentum des Erblassers als Rechtsvorgänger eingetragen werden.

[24] Nach den ungarischen notariellen standesrechtlichen Vorschriften ist der Notar zur Parteivertretung nur in einem sehr engen Geschäftskreis befugt (Einreichung von notariellen Urkunden, die er selbst ausgestellt hat).
[25] Gesetz Nr. CXLI aus dem Jahre 1997 über das Immobilienregister (Inytv.). Siehe insb. §§ 40/A-40/B.
[26] § 31 Abs. (1) c) Inytv.
[27] Z.B. in Deutschland. Diese Sondervorschrift wurde erst mit dem Änderungsgesetz Nr. CCV aus dem Jahre 2017 (mit Wirkung vom 1.1.2018) in das Inytv. eingefügt. Früher, vor diesem Zeitpunkt, stieß die Eintragung in das ungarische Grundbuch aufgrund der von den deutschen Nachlassgerichten erteilten ENZ auf Schwierigkeiten, da diese keine Angaben über das Nachlassvermögen enthalten.
[28] § 40/B. Abs. (3a) Inytv.

b) Anpassung von unbekannten Rechten gem. Art. 31 EuErbVO

 

Rz. 22

"Fremde", d.h. nach dem ungarischen Grundbuchrecht nicht eintragungsfähige Rechte bzw. Tatsachen[29] können aufgrund eines ENZ auch dann nicht eingetragen werden, wenn diese nach dem lex successionis entstanden sind. Nicht eintragungsfähig wären nach hiesiger Meinung z.B. die im deutschen bzw. österreichischen Recht bekannten Nacherbenvermerke und Testamentsvollstreckervermerke. In solchen Fällen tritt ein Anpassungsbedarf gem. Art. 31 EuErbVO auf.

 

Rz. 23

Für die Anpassung von unbekannten Rechten sieht das ungarische Recht ein förmliches Verfahren vor. Es handelt sich hierbei um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, das in die ausschließliche (sachliche und örtliche) Zuständigkeit des Zentralen Bezirksgerichts Buda[30] gehört. Einzelfragen dieses Verfahrens sind in einem Sondergesetz (AnpassungsverfahrensG)[31] geregelt.

 

Rz. 24

Antragsteller dieses Verfahrens ist nicht der unmittelbar Betroffene (Erbe, Vermächtnisnehmer) selbst, sondern das Grundbuchamt oder eine sonstige Registerbehörde, in deren Verfahren ("Grundverfahren") die Frage der Anpassungsbedürftigkeit eines fremden dinglichen Rechtsinstituts auftaucht. Der Antragsteller hat jedoch über die Einreichung des Antrags auch den Betroffenen informieren.

 

Rz. 25

Das Gericht hat im Anpassungsverfahren den rechtlichen Inhalt und die Funktion des fraglichen unbekannten dinglichen Rechtsinstituts zu klären; es muss die einschlägigen ausländischen Rechtsvorschriften von Amts wegen ein...

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