a) Arten der testamentarischen Zuwendungen

 

Rz. 116

Die häufigste Art der testamentarischen Begünstigung ist die Erbeinsetzung. Als Erbe wird gem. § 7:25 Ptk. derjenige betrachtet, dem der Erblasser seinen ganzen Nachlass oder einen bestimmten Anteil oder Teil davon zuwendet. Hat der Erblasser bestimmte Vermögensgegenstände einem Bedachten zugewendet, wird dieser i.d.R. nicht als Erbe, sondern als Vermächtnisnehmer angesehen. Allerdings ist im Zweifelsfall auch ein solcher Bedachte als Erbe anzusehen, wenn

der ihm zugewendete Vermögensgegenstand bzw. die ihm zugewendeten Vermögensgegenstände einen bedeutenden Teil des Wertes des ganzen Nachlasses ausmachen und
sich der Bedachte nach dem vermuteten Willen des Erblassers auch am Tragen der Nachlassverbindlichkeiten beteiligen muss.[110]
 

Rz. 117

Der Erblasser kann in seinem Testament einen oder mehrere Erben einsetzen. Er kann die Erbteile der eingesetzten Erben frei bestimmen. Mangels einer solchen Bestimmung sind die Miterben als zu gleichen Teilen eingesetzt anzusehen.[111]

 

Rz. 118

Für den Wegfall des eingesetzten Erben kann der Erblasser einen anderen als Ersatzerben einsetzen.[112]

 

Rz. 119

Eine besondere Art der Rechtsnachfolge von Todes wegen ist die Anordnung eines Vermächtnisses. Das ungarische Recht kennt sowohl das Vermächtnis mit dinglicher Wirkung (Vindikationslegat)[113] als auch das Vermächtnis mit schuldrechtlicher Wirkung (Damnationslegat).[114] Das Vindikationslegat ist die testamentarische Zuwendung eines bestimmten, im Nachlass vorhandenen Vermögensgegenstands an einen Begünstigten, sofern diese Anordnung nicht als Erbeinsetzung angesehen werden soll. Ein Damnationslegat ist dagegen die Anordnung, durch die der Erblasser seinen Erben verpflichtet, dem Vermächtnisnehmer eine Vermögensleistung zu erfüllen. Das Vindikationslegat bedeutet einen ipso-iure-Erwerb unmittelbar vom Erblasser im Zeitpunk des Todes (ebenso wie der Erwerb der Erbschaft durch den Erben), d.h., es ist kein Erfüllungsgeschäft notwendig. Das Vindikationslegat stellt somit eine unmittelbare Beteiligung am Nachlass dar; ein Vindikationslegatar nach dem ungarischen Recht kann somit gem. Art. 63 Abs. (1) EuErbVO die Erteilung eines ENZ beantragen.

 

Rz. 120

Bekannt ist das Vorausvermächtnis, wenn der Erblasser ein Vermächtnis zugunsten des Erben (über seinen Erbteil hinaus) anordnet, ferner das Untervermächtnis, dessen Verpflichteter ein Vermächtnisnehmer ist. Zulässig ist auch die Anordnung eines Nachvermächtnisses.

 

Rz. 121

Das ungarische Recht kennt auch den Begriff der Auflage. Mit einer solchen Anordnung wird die am Nachlass beteiligte Person vom Erblasser mit einer an einen Dritten zu erfüllenden Verpflichtung beschwert und die im Testament bestimmte Person wird zur Forderung berechtigt. Die Erfüllung einer Auflage, zu deren Forderung das Testament niemanden berechtigt, kann vom Testamentsvollstrecker und von den am Nachlass beteiligten übrigen Personen gefordert werden. Die Erfüllung einer Auflage im öffentlichen Interesse kann auch von der zuständigen Behörde gefordert werden.

[110] § 7:25 Abs. (3) Ptk.
[111] § 7:26 Ptk.
[112] § 7:27 Ptk.
[113] Ungarisch: "dologi hagyomány".
[114] Ungarisch: "kötelmi hagyomány".

b) Die Frage der Zulässigkeit der Einsetzung eines Nacherben

 

Rz. 122

Grundsätzlich lässt das ungarische Recht die Einsetzung eines Nacherben nicht zu. Das neue Ptk. sieht allerdings zwei Ausnahmen von diesem Verbot vor.

 

Rz. 123

Der erste Ausnahmetatbestand[115] betrifft den Fall, dass der Ehegatte des Erblassers als Vorerbe eingesetzt wird. Der Erblasser kann einen Nacherben für den Fall des Todes des Ehegatten als Vorerben einsetzen hinsichtlich des Nachlasses, der von ihm an den Ehegatten als Voreben fällt. In diesem Fall handelt es sich um das Institut des "fideicomissum eius quod super erit" (Nacherbeneinsetzung auf den Überrest). In diesem Fall steht nämlich dem Vorerben das Recht zu, über den Nachlass entgeltlich zu verfügen; er ist ferner berechtigt, unentgeltliche Spenden zu machen, soweit deren Wert das Maß der gewöhnlichen Geschenke nicht übersteigt.

 

Rz. 124

§ 7:28 Abs. (3) Ptk. lässt nämlich die freie Anordnung der Vorerbschaft mit der Maßgabe zu, dass "von der Einsetzung eines Nacherben das Recht des Ehegatten auf die entgeltliche Verfügung und auf das unentgeltliche Spenden in Bezug auf einen Wert, der nicht höher ist als gewöhnliche Geschenke, unberührt bleibt". Dies hat zur Folge, dass der Nacherbe keine zu sichernden Rechte hat; er kann vom Nachlassvermögen nur das noch erhalten, was nach dem Tod des Vorerben übrig bleibt.

 

Rz. 125

Der Vorerbe darf das geerbte Vermögen frei verbrauchen und den Bestand des Nachlassvermögens mit entgeltlichen Geschäften unbeschränkt mindern. Er hat diesbezüglich keinerlei Haftung oder Rechenschaftspflicht gegenüber dem Nacherben. Hat er dagegen das Nachlassvermögen durch unentgeltliche Eigentumsübertragungen gemindert, deren Wert das Maß gewöhnlicher Geschenke[116] übersteigt, so kann der Nacherbe Schadensersatz fordern, weil er mit einem geringeren Nachlass rechnen muss, als ihm sonst zustehen würde. Seitens des Gesetzes ist jedo...

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