Dr. Tibor Szocs, Dr. Zsuzsanna Kosa
Rz. 51
Die Merkmale der ehelichen Lebensgemeinschaft sind im Gesetz nicht definiert, ihr Entstehen ist mit der Eheschließung zu vermuten. Der Zeitraum der Lebensgemeinschaft bestimmt den Umfang des gemeinschaftlichen Vermögens und begründet den gemeinsamen Erwerb mit dem Rechtstitel eheliches Gesamtgut. Die eheliche Gütergemeinschaft ist – in Ermangelung abweichender Regelung durch einen Ehevertrag – mit der Lebensgemeinschaft verbunden, sie entsteht mit der Eheschließung oder der vorehelichen Lebensgemeinschaft und endet mit endgültiger Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft; im letzteren Zeitpunkt werden der Umfang, der Wert und der Besitzstand des Gesamtguts festgelegt.
Rz. 52
Allgemeine Voraussetzungen einer Lebensgemeinschaft gemäß dem von der Rechtsprechung geprägten rechtlichen Inhalt sind wie folgt:
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gemeinsamer Haushalt (die Ehegatten wohnen zusammen und tragen die Wohnkosten gemeinsam); |
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emotionale Gemeinschaft (innige persönliche Beziehung); |
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Wirtschaftsgemeinschaft (ständiges Zusammenwirken, um die gemeinsamen Ziele der Familie zu erreichen); sowie |
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Offensichtlichkeit der Zusammengehörigkeit der Parteien auch für Dritte. |
Rz. 53
Zur Feststellung der Lebensgemeinschaft bedarf es nicht der gleichzeitigen Erfüllung aller obigen Voraussetzungen (es sind also keine konjunktiven Voraussetzungen), es hängt vom Ermessen des Gerichts ab, ob eine Lebensgemeinschaft auch in Ermangelung der Erfüllung einzelner Voraussetzungen besteht. Gemäß § 459 Abs. (2) der Zivilprozessordnung (Pp.) hat das Gericht bei der Ehescheidung die Dauer der Lebensgemeinschaft (einschließlich der vorehelichen Lebensgemeinschaft) im Urteilstenor festzustellen und diese Feststellung entfaltet eine materielle Rechtskraft (res iudicata). So kann sie in einem späteren streitigen Prozess über die güterrechtliche Auseinandersetzung nicht mehr bestritten werden.
Rz. 54
Unter Aufhebung der Lebensgemeinschaft ist die endgültige Aufhebung zu verstehen, demgegenüber hat die Unterbrechung der Lebensgemeinschaft immer einen provisorischen Charakter. Die Unterbrechung berührt nicht die Fortdauer des bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Güterstands, es sei denn, in der Übergangszeit kommt es zwischen den Ehepartnern zur Auseinandersetzung des Vermögens.
Rz. 55
Die Gütergemeinschaft kann vom Gericht auf Antrag eines der Ehegatten aus wichtigem Grund aufgehoben werden. Ein solcher Grund kann die Verschuldung des Ehegatten, eine Zwangsvollstreckungs- oder Insolvenzverfahren gegen ein Unternehmen (bzw. eine Gesellschaft) des Ehegatten, die eine Beteiligung des anderen Ehegatten gefährdet, und schließlich die Anordnung der Betreuung des Ehegatten, wenn als Betreuer für ihn nicht der andere Ehegatte bestellt wird. Die Rechtswirkung der Aufhebung besteht darin, dass danach, während des Bestehens der Lebensgemeinschaft, die Regeln der Gütertrennung gelten.