Dr. Tibor Szocs, Dr. Zsuzsanna Kosa
1. Unterschiedliche Rechtswirkungen der Nichtehe bzw. der ungültigen Ehe
Rz. 20
Wie bereits darauf hingewiesen wurde (Rdn 2 ff.), unterscheidet das ungarische Recht zwischen einer rechtlich nicht bestehenden und einer zwar bestehenden, aber ungültigen Ehe. Zwischen diesen zwei Arten der "rechtlich fehlerhaften" Ehen bestehen Unterschiede dahingehend, welche Rechtswirkungen sie auslösen können.
Rz. 21
Eine Nichtehe ist im Sinne des § 4:5 Abs. (3) Ptk. anzusehen, als wäre sie überhaupt nicht geschlossen worden. Solche Ehen haben keinerlei Rechtswirkungen. Bei Nichtehen können etwaige vermögensrechtliche Ansprüche höchstens nach den Vorschriften über die Vermögensverhältnisse zwischen Lebensgefährten geltend gemacht werden (siehe Rdn 194 ff.).
Rz. 22
Eine zwar bestehende, jedoch ungültige Ehe kann demgegenüber gewisse, im Gesetz verankerte Rechtswirkungen auslösen. Stellt ein Gericht die Ungültigkeit der Ehe fest, werden die Ex-Ehegatten in ihren früheren Personenstand wiedereingesetzt, aber die im Gesetz festgelegten sog. "Restwirkungen" der ungültigen Ehe bleiben bestehen. Solche sind insbesondere die vermögensrechtlichen Wirkungen der ungültigen Ehe; auch die Vaterschaftsvermutung ist eine Rechtswirkung der ungültigen Ehe.
2. Feststellung des Nichtbestehens bzw. der Ungültigkeit einer Ehe
Rz. 23
Die rechtliche Klärung der Frage, ob eine Ehe besteht oder nicht besteht, bedarf nicht unbedingt eines gerichtlichen Verfahrens. Die Frage kann auch in einem Verwaltungsverfahren – durch das Standesamt – geklärt werden. Besteht aber nicht die Möglichkeit, die Frage in einem Verwaltungsverfahren zu klären, kann ein Gerichtsverfahren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Ehe beantragt werden.
Rz. 24
Die Feststellung der Ungültigkeit einer Ehe bedarf demgegenüber in jedem Fall eines Gerichtsverfahrens. § 4:14 Abs. (1) Ptk. deklariert eindeutig, dass eine Ehe nur dann als ungültig angesehen werden kann, wenn ihre Ungültigkeit von einem Gericht – im darauf ausgerichteten Verfahren – festgestellt wurde. In einem solchem Prozess stellt das Gericht fest, ob im Zeitpunkt der Eheschließung der Ungültigkeitsgrund vorlag, auf den sich der Kläger in der Klageschrift berufen hat. Die Ungültigkeit wird in solchen Fällen durch das Vorliegen der zugrunde liegenden Ursache ausgelöst, nicht durch das Gerichtsurteil. Die Ungültigkeit tritt rückwirkend zum Zeitpunkt der Eheschließung (ex tunc) ein.
Rz. 25
Die Klage auf Bestehen (Nichtbestehen) sowie Ungültigkeit einer Ehe kann nur von im Gesetz abschließend festgelegten Personen erhoben werden, und zwar
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von einem der Ehegatten, |
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vom Staatsanwalt sowie |
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von einer Person, die rechtliches Interesse an der Feststellung hat. |
Das rechtskräftige Gerichtsurteil sowohl in Frage des Bestehens (Nichtbestehens) als auch der Ungültigkeit gilt jedem gegenüber (erga omnes).