Dr. Tibor Szocs, Dr. Zsuzsanna Kosa
1. Allgemeines
Rz. 26
Das Kollisionsrecht der Eheschließung wird im § 26 des neuen Gesetzes Nr. XXVIII vom Jahre 2017 über das Internationale Privatrecht (im Folgenden: IPRG) geregelt. Für die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Eheschließung ist das Personalstatut der Eheschließenden anzuwenden; ist ihr Personalstatut unterschiedlich, so muss die Eheschließung die Voraussetzungen beider Rechte (kumulativ) erfüllen. Die Eheschließungsform unterliegt dem Recht des Eheschließungsortes (lex loci celebrationis).
2. Eheschließung von Ausländern in Ungarn
Rz. 27
Sind die Eheschließenden ausländische Staatsangehörige (oder ist auch nur einer von ihnen Ausländer), so müssen sie bei der jeweiligen Heimatbehörde ein Ehefähigkeitszeugnis einholen und es beim ungarischen Standesbeamten einreichen. Das Ehefähigkeitszeugnis muss von der zuständigen ungarischen Auslandsvertretung mit diplomatischer Beglaubigung oder mit einer Apostille versehen werden, es sei denn, ein bilaterales völkerrechtliches Abkommen sieht die Befreiung von der Urkundenlegalisation vor. Von der Vorlage des Ehefähigkeitszeugnisses kann die Standesbehörde in begründeten Fällen Befreiung erteilen; den Antrag auf Befreiung können die Eheschließenden gemeinsam und nur persönlich stellen. Keine Befreiung ist notwendig, wenn im Heimatstaat der Parteien keine Möglichkeit besteht, ein Ehefähigkeitszeugnis einzuholen.
Rz. 28
Selbst wenn die gesetzlichen Ehevoraussetzungen nach dem Personalstatut der Eheschließenden erfüllt sind, kann die Ehe gem. § 26 Abs. (4) IPRG in Ungarn nicht geschlossen werden, wenn der Eheschließung nach dem ungarischen Recht ein "unabwendbares Hindernis" entgegensteht. Darunter versteht die ungarische Rechtsauffassung diejenigen ungarischen eherechtlichen Vorschriften, die einen ordre-public-Charakter haben.
Rz. 29
Das ungarische Recht ermöglicht die Eheschließung vor den in Ungarn tätigen ausländischen konsularischen Vertretern, vorausgesetzt, dass die beiden Eheschließenden die Staatsangehörigkeit des Entsendestaates besitzen und die Mitwirkung des Konsuls bei der Eheschließung (in seiner Eigenschaft als Standesbeamte) durch eine völkerrechtliche Vereinbarung und durch das Recht des Entsendestaates statthaft ist.
3. Eheschließung ungarischer Staatsangehöriger im Ausland
Rz. 30
Die oben (Rdn 26) dargestellten Kollisionsvorschriften sind auch dann sinngemäß anzuwenden, wenn die Rechtswirkungen einer im Ausland geschlossenen Ehe in einem inländischen Verfahren geprüft werden muss. Die Form der Eheschließung unterliegt auch in diesem Fall dem Recht des Eheschließungsortes. Die Zulässigkeit der kirchlichen Eheschließung wird aus ungarischer Sicht als Formfrage angesehen. Wurde die Ehe im Ausland ausschließlich in kirchlicher Form geschlossen, so wird diese auch in Ungarn als eine wirksame Eheschließung betrachtet, falls diese Eheschließung nach dem Recht des Eheschließungsortes vollständige zivilrechtliche Wirkungen entfaltet.
Rz. 31
Der häufigste Fall, in dem die Frage der Gültigkeit bzw. das Bestehen einer im Ausland geschlossenen Ehe auftaucht, ist das Verfahren der Standesbehörden auf Beurkundung von Auslandsehen im inländischen Eheregister.
Rz. 32
Ist auch nur einer der Eheschließenden ungarischer Staatsangehöriger, so muss die im Ausland geschlossene Ehe auch im ungarischen Eheregister beurkundet werden. Die betroffene Partei ist verpflichtet, die inländische Beurkundung der Ehe zu veranlassen. Der Antrag auf Beurkundung kann bei einem beliebigen inländischen Standesamt oder im Ausland bei einer ungarischen konsularischen Vertretung eingereicht werden. Die Nichteinhaltung dieser Pflicht ist immerhin weder mit ordnungswidrigkeitsrechtlichen noch mit zivilrechtlichen Sanktionen verbunden; d.h. eine im Ausland geschlossene Ehe eines ungarischen Staatsangehörigen kan...