Dr. Tibor Szocs, Dr. Zsuzsanna Kosa
1. Staatsangehörigkeit
Rz. 89
Die Eheschließung hat gemäß dem ungarischen Recht keine unmittelbare Auswirkung auf die Staatsangehörigkeit. Ein Ausländer (oder Staatenloser) also, der mit einem ungarischen Staatsangehörigen die Ehe eingeht, erwirbt kraft Gesetzes nicht die ungarische Staatsangehörigkeit. Der ausländische Ehegatte eines ungarischen Staatsangehörigen – bei Erfüllung gewisser Voraussetzungen – hat jedoch das Recht auf ein begünstigtes Einbürgerungsverfahren. Möglichkeiten der Begünstigung im Einbürgerungsverfahren sind in § 4 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (Állptv.) geregelt.
Rz. 90
Unter vereinfachten Voraussetzungen kann ein Ausländer auf Antrag eingebürgert werden, der bei der Antragstellung schon mindestens drei Jahre ununterbrochen in Ungarn gewohnt hat und mit einem ungarischen Staatsangehörigen schon mindestens drei Jahre in gültiger Ehe lebt. Die Begünstigung besteht in diesem Fall darin, dass der Antragsteller nur mindestens drei Jahre in Ungarn gelebt haben muss, wobei die allgemeine Voraussetzung der Einbürgerung acht Jahre verlangt. Die allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen der Einbürgerung müssen aber auch in diesem Fall erfüllt sein.
Rz. 91
Ebenso mit günstigen Bedingungen kann ein nicht ungarischer Staatsbürger eingebürgert werden, wenn er
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mindestens seit zehn Jahren mit einem ungarischen Staatsbürger in gültiger Ehe lebt; oder |
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mindestens seit fünf Jahren mit einem ungarischen Staatsbürger in gültiger Ehe lebt und mit ihm ein gemeinsames Kind hat. |
In diesen zwei Fällen sieht das Gesetz von der Mindestdauer der Lebensführung an einem ungarischen Wohnsitz völlig ab. Der Antragsteller hat seine ungarischen Sprachkenntnisse nachzuweisen.
2. Aufenthaltsberechtigung
Rz. 92
Das ungarische Ausländerrecht – in Einklang mit der Richtlinie 2004/38/EG – unterscheidet zwei große Kategorien von Ausländern: einerseits Personen mit Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt, andererseits die sonstigen Ausländer. In die erste Gruppe gehören Staatsbürger des Europäischen Wirtschaftsraums sowie ihre Familienangehörigen gemäß Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG und in die zweite Gruppe Staatsangehörige von Drittstaaten, auf die die Geltung der Richtlinie sich nicht erstreckt. Die Einreise und der Aufenthalt in Ungarn von diesen zwei Gruppen von Ausländern sind in zwei selbstständigen Gesetzen genau geregelt.
Rz. 93
§ 19 des Gesetzes vom Jahre 2007 regelt die Erteilung von ungarischen Aufenthaltserlaubnissen, "um das familiäre Zusammenleben zu ermöglichen", an Angehörige von Drittstaaten. Um in Ungarn die Aufenthaltserlaubnis aus diesem Grund zu bekommen, muss der Drittstaatsangehöriger Familienangehöriger sein
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entweder eines ungarischen Staatsangehörigen oder |
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eines anderen Drittstaatsangehörigen, der bereits über das gesetzliche Aufenthaltsrecht in Ungarn verfügt (z.B. Niederlassungs- oder Einwanderungserlaubnis usw.). |
Der Ehegatte eines Flüchtlings kann die Aufenthaltserlaubnis mit dem Rechtstitel Familienzusammenführung erhalten, wenn die Ehe noch vor der Einreise des Flüchtlings nach Ungarn geschlossen wurde.
Rz. 94
In diesem Fall steht dem Familienangehörigen das Bleiberecht in Ungarn zu, wenn seit der ersten Erteilung seiner Aufenthaltserlaubnis bereits fünf Jahre vergangen sind sowie wenn sein Angehöriger verstirbt, kraft dessen Recht er die Aufenthaltserlaubnis erwarb.
Das Gesetz Nr. I vom Jahre 2007 enthält demgegenüber die Regelung des Ungarnaufenthalts von Familienangehörigen, die Staatsangehörige von Drittstaaten sind und im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt besitzen. Das Gesetz hat die diesbezüglichen Bestimmungen der Richtlinie ins ungarische Recht umgesetzt.
3. Steuerrecht
Rz. 95
Nach der Eheschließung können die Ehegatten bei der Einkommensteuerveranlagung in den Genuss von zwei Steuervorteilen kommen.
Es besteht einerseits der Steuervorteil durch die erste Eheschließung. Von diesem Vorteil können diejenigen Ehepaare Gebrauch machen, die ihre Ehe nach dem 31.12.2014 geschlossen haben, vorausgesetzt, es handelt sich um die erste Eheschließung zumindest eines der Ehegatten. Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer kann um einen Monatsbetrag gekürzt werden.