Leitsatz

  1. Ungültiger Öffnungsklauselbeschluss auf Änderung des Heizkostenverteilungsschlüssels
  2. Anspruch auf Beseitigung einer baulichen Veränderung durch die Gemeinschaft (hier: Briefkastenanlage)
  3. Beschlossene verfahrensrechtliche Verfolgung eines Beseitigungsanspruches verpflichtet noch nicht konstitutiv den betroffenen Eigentümer
 

Normenkette

§§ 10 und 22 Abs. 1 WEG; §§ 7 und 10 Heizkostenverordnung; § 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Der aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasste Mehrheitsbeschluss, dass Heizkosten ausschließlich nach Verbrauch verteilt werden sollen, entspricht bei einem älteren Wohngebäude, bei dem mit Lagenachteilen gerechnet werden muss, i. d. R. nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
  2. Hat ein Eigentümer eigenmächtig eine gemeinschaftliche Briefkastenanlage verändert, kann grds. jeder Eigentümer individuell Anspruch auf Beseitigung stellen. Gleichwohl fällt eine solche Thematik auch in die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft (BGH vom 20.9.2000, V ZB 58/99, NJW 2000, 3500, 3503). Die Gemeinschaft kann also damit auch die Verfolgung eines Beseitigungsanspruchs nach § 1004 BGB durch Mehrheitsbeschluss zu einer gemeinschaftlichen Angelegenheit machen.
  3. Beschlüsse in der Gemeinschaft bedürfen hier nach h. R. M. entsprechender Auslegung, ob inhaltlich im Rahmen eines solchen Beschlusses ein eigenständiger Anspruch begründet werden soll, der einen betroffenen Eigentümer konstitutiv, also unabhängig von möglichen gesetzlichen Ansprüchen der einzelnen Eigentümer zur Beseitigung verpflichtet oder ob er dahingehend auszulegen ist, dass lediglich die verfahrensförmige Vorbereitung der gerichtlichen Geltendmachung des gesetzlichen Beseitigungsanspruchs gewollt ist. Geht man von der zweiten Auslegungsvariante aus, ist im Beschlussanfechtungsverfahren lediglich die formelle Rechtmäßigkeit des Beschlusses zu prüfen, da das Bestehen des gesetzlichen Anspruchs abschließend nur in dem Verfahren entschieden werden kann, in welchem der gesetzliche Anspruch durchgesetzt werden soll (so auch KG Berlin v. 8.1.1997, 24 W 5678/96, ZMR 1997, 318).

    Im vorliegenden Fall einer Beschlussfassung, "den störenden Eigentümer aufzufordern, die eigenmächtig veränderte Briefkastenanlage bis zum geforderten Termin in den ursprünglichen Zustand zu versetzen sowie im Nichterledigungsfall den Verwalter zu beauftragen und zu ermächtigen, die Forderung auf gerichtlichem Wege durchzusetzen", legt diesen der Senat schon nach seinem Wortlaut lediglich als verfahrensrechtliche Verfolgung des Beseitigungsanspruchs durch die Gemeinschaft als Vorbereitungsmaßnahme aus. Hier fehlt nach dem Beschluss jegliches gestalterische Element, welches i. d. R. als Anhaltspunkt für eine konstitutive Zwecksetzung gewertet werden könnte. Allein förmliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses bestehen nicht. Ein Beseitigungsanspruch ist hier jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen.

    Bei der Beurteilung der wesentlichen Frage im nachfolgenden Verfahren, ob die eigenmächtige Veränderung für die anderen Eigentümer einen nicht unerheblichen (optischen) Nachteil begründet, wird zu berücksichtigen sein, dass es sich bei einer Briefkastenanlage regelmäßig um einen Blickfang handelt, bei dem auch ein verständiger Miteigentümer Wert auf die Erhaltung eines einheitlichen Zustands legen kann.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 22.12.2005, 15 W 375/04OLG Hamm v. 22.12.2005, 15 W 375/04 = ZMR 8/2006, 630

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