Leitsatz
Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen einen ablehnenden PKH-Beschluss hatte das OLG darüber zu entscheiden, ob hinreichende Erfolgsaussichten für ein Klageverfahren auf Zahlung von unbefristetem Unterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres eines nichtehelichen Kindes hinaus bestehen oder mangels Erfolgsaussicht nur Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung des Unterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes zu bewilligen war. Im Übrigen war auch die Bedarfsbemessung zwischen den Parteien streitig.
Sachverhalt
Die Klägerin zu 1. und der Beklagte waren Eltern des am 14.7.2005 geborenen Klägers zu 2., der bei seiner Mutter lebte. Die Eltern waren nicht miteinander verheiratet. Sie lernten sich Anfang 2003 kennen und führten zunächst eine Wochenendbeziehung. Im April 2005 legte die Klägerin ihr zweites juristisches Staatsexamen ab. Im Mai 2005 zog sie zu dem Beklagten und lebte sodann mit dem zwei Monate später geborenen Kläger zu 2. bis zur Trennung im August 2006 mit ihm zusammen.
Während des Zusammenlebens mit dem Beklagten hatte die Klägerin kein eigenes Einkommen. Sie versorgte vielmehr das gemeinsame Kind, kümmerte sich nach ihrem Vorbringen um den gemeinsamen Haushalt und lebte von dem Einkommen des Beklagten, der niedergelassener Zahnarzt war.
Die Klägerin zu 1. verlangte für die Zeit ab September 2006 Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB. Der Kindesunterhalt war nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Der Beklagte hat diesen Trennungsunterhalt auf monatlich 800,00 EUR begrenzt bis zum 13.7.2008 titulieren lassen. Die Klägerin errechnete für sich einen monatlichen Bedarf von 1.500,00 EUR und vertrat die Auffassung, dieser Betrag stehe ihr auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Klägers zu 2. zu. Mit der von ihr eingereichten Klage begehrte sie somit weitere 700,00 EUR über den bereits titulierten Unterhalt von 800,00 EUR hinaus. Das erstinstanzliche Gericht hat den Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen.
Die hiergegen von der Klägerin zu 1. eingereichte sofortige Beschwerde hatte lediglich insoweit Erfolg, als sie den Zeitraum bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Klägers betraf.
Entscheidung
Anders als das erstinstanzliche Gericht war das OLG der Auffassung, die Klägerin habe einen monatlichen Bedarf von 1.500,00 EUR schlüssig dargelegt. Ihr Bedarf leite sich ausnahmsweise aus der Lebensstellung des Kindesvaters ab, weil sie mit ihm zusammen gelebt und von ihm nachhaltig unterhalten worden sei. Während des 1 1/4-jährigen Zusammenlebens sei der Beklagte in vollem Umfang für den Lebensunterhalt der nicht erwerbstätigen Mutter aufgekommen, die im Hinblick auf das geplante Zusammenleben ihre frühere Wohnung aufgegeben und zu dem Beklagten in dessen Wohnort in einem anderen Bundesland gezogen sei. Ersichtlich seien die Parteien seinerzeit davon ausgegangen, dass man gemeinsam von dem guten Einkommen des Beklagten leben und das Zusammenleben von längerer Dauer sein würde. Auf die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Klägerin sich hinreichend um den gemeinsamen Haushalt gekümmert habe, kam es nach Auffassung des OLG nicht an.
Der Annahme, die Lebensstellung der Klägerin ergebe sich aus dem mehr als einjährigen gemeinsamen Leben und Wirtschaften mit dem Beklagten, stehe auch nicht entgegen, dass die Parteien ihre Lebensgemeinschaft erst zwei Monate vor der Geburt des Kindes eingegangen seien und seinerzeit noch keine nachhaltige Unterhaltssicherung durch den Beklagten gegeben war. Insoweit sei auch die Entwicklung zu berücksichtigen, die nach der Geburt des Kindes bis zum Zeitpunkt des Unterhaltsbegehrens stattgefunden habe.
Soweit die Klage auf Zahlung des Betreuungsunterhalts auch für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes gerichtet sei, bestanden nach Auffassung des OLG keine hinreichenden Erfolgsaussichten, da auch nach der Neufassung des § 1615l Abs. 2 der Basisunterhalt mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes ende. Dies gelte jedenfalls dann, wenn nicht eine hinreichend sichere Prognose getroffen werden könne, dass auch zukünftig aus Billigkeitsgründen ein verlängerter Anspruch bestehe.
Hinweis
Die Neuregelung des Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB einerseits und § 1615l BGB andererseits wird noch geraume Zeit Anlass für kontroverse Diskussionen sein. Für die anwaltliche Beratungspraxis bedeutet dies auch eine weiterhin fehlende Rechtssicherheit bis zur höchstrichterlichen Klärung der wesentlichen Streitfragen.
Link zur Entscheidung
OLG Bremen, Beschluss vom 20.02.2008, 4 WF 175/07