Leitsatz
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Berücksichtigung des aus einer neuen Ehe resultierenden Splittingvorteils bei der Unterhaltsbemessung für ein minderjähriges Kind und der Leistungsfähigkeit bei eigenem Einkommen des neuen Ehegatten beschäftigt. Gegenstand des Verfahrens waren ferner die Voraussetzungen für die Abänderung eines Versäumnisurteils.
Sachverhalt
Die Klägerin begehrte mit der Abänderungsklage eine Reduzierung ihrer Unterhaltsverpflichtung ggü. den Beklagten, ihren minderjährigen Kindern.
Die beiden in den Jahren 1994 und 1996 geborenen Kinder stammten aus der geschiedenen Ehe der Klägerin und lebten bei ihrem Vater. Die Klägerin war wiederverheiratet. In ihrem Haushalt lebten ihre beiden weiteren in den Jahren 2003 und 2005 geborenen Kinder, deren Vater der neue Ehemann der Klägerin war.
Am 18.9.2002 hatte sich die Klägerin in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet, an die Beklagten jeweils monatlich 231,00 EUR Kindesunterhalt zu zahlen. In einem später von den Beklagten eingeleiteten Abänderungsverfahren wurde die hiesige Klägerin und seinerzeitige Beklagte mit Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 11.4.2006 verpflichtet, in Abänderung des im Jahre 2002 geschlossenen Vergleichs für eines der Kinder weitere 16,00 EUR und das andere Kind weitere 60,00 EUR monatlich zu leisten.
Als die Klägerin das Versäumnisurteil gegen sich ergehen ließ, war sie halbtags beschäftigt, ihr neuer Ehemann arbeitete voll. Ab Juni 2006 weitete die Klägerin ihre Tätigkeit zu einer vollschichtigen Tätigkeit aus, während ihr Ehemann Erziehungsgeld und geringe Nebeneinkünfte bezog.
Das AG hat der Abänderungsklage der Klägerin teilweise stattgegeben und den Unterhalt für den Beklagten zu 1) für die Zeit von September 2008 an auf 127,00 EUR und für die Beklagte zu 2) auf 150,00 EUR monatlich reduziert. Auf die hiergegen von den Beklagten eingelegte Berufung hat das OLG in Abänderung des gerichtlichen Vergleichs in Verbindung mit dem Teilversäumnis- und Schlussurteil des AG den Kindesunterhalt für den im Revisionsverfahren allein maßgeblichen Zeitraum vom 1.1.2008 an für den Beklagten zu 1) auf 166,00 EUR und für die Beklagte zu 2) auf 195,00 EUR monatlich jeweils abgeändert.
Hiergegen wandten sich die Beklagten mit der Revision.
Das Rechtsmittel führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das OLG.
Entscheidung
Hinsichtlich der Abänderung des Versäumnisurteils folgte der BGH einer in Rechtsprechung und Literatur stark vertretenen Auffassung, wonach für die Abänderung eines Versäumnisurteils/-beschlusses auf eine Änderung der tatsächlichen Umstände abzustellen sei. Nur eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse könne eine Abänderung des Versäumnisurteils/-beschlusses unter Wahrung seiner Grundlagen nach § 323 Abs. 4 ZPO rechtfertigen und dabei zugleich die Rechtskraft der abzuändernden Entscheidung wahren.
Die Gegenmeinung, wonach für die Abänderung eines Versäumnisurteils/-beschlusses nicht von den tatsächlichen Verhältnissen bei Erlass des Titels, sondern von den fingierten Verhältnissen auszugehen sei, laufe im Ergebnis auf eine Totalrevision und damit auf eine Korrektur von Fehlern in dem rechtskräftigen Versäumnistitel hinaus. Dies habe der BGH für streitige Urteile wegen der zu wahrenden Rechtskraft aber stets abgelehnt. Es sei auch kein Grund dafür ersichtlich, die Rechtskraft eines Versäumnisurteils anders zu bewerten als die Rechtskraft eines streitigen Urteils (BGH v. 4.7.2007 - XII ZR 251/04, FamRZ 2007, 1459 - Tz. 14 f. = FamRB 2007, 299 und OLG Brandenburg v. 28.11.2007 - 9 UF 198/07, FamRZ 2008, 797).
In der Sache selbst stellte der BGH zunächst klar, dass der nachrangige Ehegattenunterhalt in der Mangelfallberechnung ausfalle. Bei der Einkommensermittlung sei allerdings auch der aus einer neuen Ehe resultierende Splittingvorteil zu berücksichtigen, soweit er auf dem alleinigen Einkommen des Unterhaltspflichtigen beruhe. Mit dieser Einschränkung sei der Splittingvorteil sowohl für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs als auch für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit heranzuziehen. Eine konsequente Reservierung des Splittingvorteils für den neuen Ehegatten müsse sich dagegen auch zu Lasten der Kinder auswirken, die aus der neuen Ehe hervorgegangen seien. Diesen gegenüber sei der Zweck der Steuerbegünstigung kein anderer als gegenüber den Kindern aus der geschiedenen Ehe. Eine Ungleichbehandlung von Kindern aus geschiedener und neuer Ehe sei nicht zu rechtfertigen. Allerdings verringere sich der Splittingvorteil in der Regel bei eigenem Einkommen des Ehegatten, was sich dann zu Lasten des für Unterhaltszwecke verfügbaren Einkommens auswirke. Wie das Einkommen im Mangelfall zu verteilen sei, ergebe sich aus der gesetzlichen Rangfolge der §§ 1609, 1582 BGB. Anders als durch das OLG geschehen, sei für die Einsatzbeträge der Kinder aber nicht auf die Tabellen-, sondern die nach anteiligem Kindergeldabzug verbleibenden Zahlbeträge abzustellen.
Hinweis
Die vom BGH vertretene ...