Leitsatz

Ein minderjähriges Kind nahm seinen Vater auf Zahlung von Unterhaltsleistungen i.H.v. 100 % der jeweiligen Altersstufe der Regelbetragverordnung ab Dezember 2005 in Anspruch. Erstinstanzlich wurde der Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Gegen dieses Urteil hat er Berufung eingelegt und damit begründet, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil sie in dem streitigen Zeitraum Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bezogen habe. Außerdem sei sie im Rahmen von Jugendhilfemaßnahmen in einem Heim untergebracht, so dass ihr Bedarf auf diese Weise vollständig gedeckt sei. Im Übrigen sei seine Leistungsunfähigkeit von dem erstinstanzlichen Gericht unrichtig beurteilt worden.

Das Rechtsmittel des Beklagten hatte teilweise Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG bejahte einen Unterhaltsanspruch der Klägerin nur bis zu ihrer Heimunterbringung. Eine Bedürftigkeit bestehe ab dem Tage der Heimunterbringung, somit ab 1.12.2006, nicht. Durch die Unterbringung sei der Bedarf der Klägerin unabhängig von der Frage gedeckt, wem der Anspruch auf die Jugendhilfe zustehe.

Zwar seien die Leistungen der Jugendhilfe im Grundsatz wie alle Sozialleistungen gegenüber dem zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch subsidiär. Danach würden Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger, durch die Jugendhilfe nicht berührt. Diese Regelung werde aber durch die speziellen Heranziehungs- und Übergangsvorschriften der §§ 92, 94 SGB VIII konkretisiert. Seit der ab 1.10.2005 geltenden Fassung des SGB VII sehe das SGB VIII für laufende Unterhaltsansprüche ab April 2006 grundsätzlich eine Bedarfsdeckung durch die mit der Heimunterbringung einhergehenden Jugendhilfeleistungen vor. Für seinen Rückgriff gegen die Eltern sei der Träger der Kinder- und Jugendhilfe nun stets auf einen öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrag verwiesen (vgl. BGH FamRZ 2007, 377).

Da die Klägerin ab dem 1.12.2006 im Heim untergebracht sei, sei ihr Unterhaltsbedarf durch die damit verbundenen Leistungen gedeckt. Ein Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten scheide seit diesem Zeitpunkt aus.

Für die vorausgegangene Zeit ab Dezember 2005 sei nicht auf das tatsächlich erzielte, sondern auf das durch zumutbare Anstrengungen erzielbare Einkommen des Beklagten abzustellen. Von einem Unterhaltsverpflichteten, der gemäß § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden habe, seien alle zumutbaren Anstrengungen zu erwarten, um eine Vollerwerbstätigkeit und notfalls auch durch eine ergänzende Nebentätigkeit seine Leistungsfähigkeit in dem erforderlichen Umfang zu erhalten bzw. herzustellen. Derartige Anstrengungen habe der Beklagte nicht hinreichend vorgetragen und erst recht nicht unter Beweis gestellt.

Allerdings sei die Klägerin aufgrund des Bezuges der Leistungen nach dem UVG nur zum Teil aktivlegitimiert. Aufgrund des mit dem Leistungsbezug verbundenen Anspruchsübergangs könne sie, soweit eine Rückabtretung nicht nachgewiesen sei, Unterhaltszahlungen allenfalls an den jeweiligen Leistungsträger verlangen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Naumburg, Urteil vom 25.10.2007, 8 UF 77/07

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