Alexander C. Blankenstein
Bereits die Besorgnis eines rechtswidrigen Eingriffs in das Gemeinschaftseigentum kann zu Unterlassungsansprüchen führen.
Beantragt beispielsweise ein Wohnungseigentümer bei der Baubehörde die Genehmigung von Baumaßnahmen, die über die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums hinausgehen und nicht durch entsprechenden Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG legitimiert sind, ist i. d. R. bereits vor Beginn der Bauarbeiten die Besorgnis begründet, der antragstellende Wohnungseigentümer werde rechtswidrig in das gemeinschaftliche Eigentum eingreifen, sodass ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und ein solcher nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 der anderen Wohnungseigentümer besteht, so diese durch die bauliche Veränderung konkret in ihrem Sondereigentum gestört werden.
Begründete Besorgnis zukünftiger Eingriffe
Ein Unterlassungsanspruch setzt also nicht voraus, dass derzeit eine Eigentumsbeeinträchtigung stattfindet; es genügt vielmehr die begründete Besorgnis zukünftiger Eingriffe. Auch bei der dauerhaften Wohnnutzung eines Hobbyraums oder eines "Trimmraums" ist es nicht erforderlich, dass es etwa zu konkreten Beeinträchtigungen kommt. Entsprechendes gilt dann, wenn bei unzulässiger beruflicher oder gewerblicher Nutzung des Sondereigentums tatsächliche Beeinträchtigungen noch gar nicht eingetreten sind.
Wiederholungsgefahr
Im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs zur Abwehr künftiger Beeinträchtigungen ist die Wiederholungsgefahr jedoch zwingend materielle Anspruchsvoraussetzung.
Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der auf Unterlassung klagende Eigentümer, der konkret in seinem Sondereigentum gestört ist, seine Zustimmung an Auflagen und Bedingungen geknüpft hat, die jedoch nicht erfüllt wurden.
Ein Unterlassungsanspruch gegen ein bestimmtes Bauvorhaben ist zumindest zunächst dann unbegründet, wenn das Bauvorhaben von den Wohnungseigentümern gebilligt worden ist, der Eigentümerbeschluss zwar angefochten wurde, jedoch eine rechtskräftige Entscheidung über die Anfechtungsklage noch nicht vorliegt. Denn ein Eigentümerbeschluss bleibt wirksam, solange er nicht rechtskräftig für ungültig erklärt ist; eine Anfechtung hat keine aufschiebende Wirkung.
Ein Unterlassungsanspruch besteht auch nicht gegen einen Wohnungseigentümer, der mit dem teilenden Eigentümer eine von dem Teilungsplan abweichende bauliche Ausgestaltung vereinbart hat und sich seine Wohnung daher auch auf das Gemeinschaftseigentum erstreckt. Hinsichtlich der sich daraus ergebenden Veränderungen des Gemeinschaftseigentums ist er nämlich nicht als Störer anzusehen und daher gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder anderen Wohnungseigentümern, die konkret in ihrem Sondereigentum gestört werden, nicht zur Beseitigung des planwidrigen Zustands verpflichtet.
Selbstverständlich bestehen andererseits stets dann Unterlassungsansprüche, wenn ein Wohnungseigentümer seine Sondereigentumseinheit entgegen der in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung festgelegten Zweckbestimmung nutzt und die konkrete Nutzung bei typisierender Betrachtungsweise mehr stört als die zweckbestimmungsgemäße. Geht die zweckbestimmungswidrige Nutzung vom Mieter aus, kann auch dieser direkt, anstatt des Wohnungseigentümers, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Auch der Nießbraucher kann unmittelbar auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Werden einzelne Räume im Aufteilungsplan lediglich mit ihrer Funktionsbezeichnung benannt ("Gaststube", "kleiner Gastraum", "Vorratsraum" usw.) und erfolgt dies erkennbar nur im Zusammenhang mit der räumlichen Abgrenzung des Sondereigentums, handelt es sich um keine Zweckbestimmungen i. S. v. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Die Räume können dann im Rahmen ihrer eigentlichen Zweckbestimmung ("Restaurant") auch anderweitig genutzt werden.
Allerdings gehen vom Gebrauch eines Teileigentums als Speiserestaurant typischerweise größere Störungen aus als von einem Laden, der nach Ortsrecht von 20 Uhr bis 6 Uhr geschlossen sein muss, weshalb entsprechend Unterlassung begehrt werden kann.
Entsprechendes gilt für die Nutzung einer mit "Laden" bezeichneten Teileigentumseinheit als Eisverkaufsstelle (Eisdiele) mit Bestuhlung. Bei typisierender Betrachtung stört diese Nutzung jedenfalls dann mehr als eine Nutzung als Ladengeschäft, wenn Außenflächen in Anspruch genommen werden, sei es durch eine Außenbestuhlung oder durch den Verkauf nach außen.
Dies gilt etwa auch für die Nutzung einer Eigentumswohnung als Kindertagesstätte für bis zu 5 Kinder. Auch ein derartiger Gebrauch ist unzulässig.
Im Übrigen ist zu beachten, dass die Gemeinschaftsordnung die Nutzungs- und Gebrauchsmöglichkeiten eines Sondereigentums nicht beschränken muss. Zulässig ist auch eine Regelung, wonach Sondereigentum sowohl als Wohnungs- als auch als Teileigentum genutzt werden kann.