Glaubt man den Schätzungen von Kammern, BMWi und anderen Institutionen, stehen in den nächsten 4-5 Jahren mehrere 100.000 mittelständische Unternehmen vor einem Wechsel der Inhaber oder Geschäftsführer. Nach heutigem Kenntnisstand wird es für mehr als einem Drittel (!) der Betriebe nicht möglich sein, einen geeigneten Nachfolger zu finden, weil es zum einen ein Überangebot an Firmen gibt. Und durch Corona könnte sich die Situation noch einmal verschlechtern. Dabei gehen die Betroffenen das Thema schon heute nicht mit der nötigen Sorgfalt an und vernachlässigen die systematische Planung, Vorbereitung und Suche nach Interessenten. Meist bereiten sich die betroffenen Unternehmer nicht oder zu spät auf eine geordnete Betriebsübergabe vor. Die Praxis zeigt, dass es durchaus Fälle gibt, bei denen Unternehmer im Frühjahr entscheiden, den Betrieb zum Jahresende abgeben zu wollen. Das ist nur mit viel Glück möglich und meist auch nur, wenn man als Verkäufer deutliche Abschläge von seinen Vorstellungen, etwa beim Preis oder dem gewünschten Nachfolger, vornimmt.
Diese Unternehmen sind dann oft mehr oder weniger akut von einer Schließung und die Beschäftigen von Arbeitslosigkeit bedroht.
Unternehmensnachfolge: viele neue Fragen zusätzlich zum Tagesgeschäft
Häufig fehlt auch schlicht das Problembewusstsein oder der Unternehmer will sich nicht der Frage stellen, was mit ihm und dem Betrieb geschieht, wenn er nicht mehr kann oder will. Dabei ist eine geordnete Betriebsübergabe – und damit oft verbunden, die Fortführung des Lebenswerks – nur möglich, wenn im Vorfeld zahlreiche, für die meisten Unternehmer neue Fragen beantwortet und notwendige Arbeiten erledigt werden. Das kostet Zeit und dauert im Schnitt – von ersten Überlegungen bis hin zur tatsächlichen Übergabe – mindestens 5-6 Jahre, in vielen Fällen auch deutlich länger; Vorbereitungszeiten von bis 10 Jahren sind ebenfalls keine Seltenheit, wie die Praxis zeigt. Ursache hierfür ist nicht nur die oft zeitraubende Suche nach einem geeigneten Nachfolger in Zeiten eines Überangebots von potenziell zu verkaufenden Firmen. Immer wieder kommt es vor, dass sich während der Suche und Umsetzung die Situation des Inhabers ändert und er daher seine Planungen überarbeiten und aktualisieren will oder muss. Das gilt übrigens auch, wenn es grundsätzlich geeignete Kandidaten innerhalb der Familie gibt.
Auch die Tatsache, dass ein möglicher Nachfolger meist über eine längere Zeit eingearbeitet werden muss, führt zu einem langwierigen Prozess. Hinzu kommt, dass zahlreiche juristische und steuerliche Fragestellungen geklärt und auch der Unternehmenswert bestimmt werden müssen. Geht es einem Betrieb wirtschaftlich nicht so gut, kommt hinzu, dass mögliche Nachfolger erst von der grundsätzlichen Tragfähigkeit und langfristigen (Über-)Lebensfähigkeit des Unternehmens überzeugt werden müssen. Und wenn man dazu die Geschäftszahlen (Umsatz, Gewinn) verbessern will oder muss, gehen alleine dazu schon mal 3-4 Jahre "ins Land". Und in Krisen wie der aktuellen ist gar nicht absehbar, ob sich in den kommenden 3-4 Jahren überhaupt Verbesserungen umsetzen lassen.
Viele Unternehmer unterschätzen auch die emotionalen Probleme, die sehr häufig auftreten, wenn die Zeit gekommen ist, das eigene Lebenswerk an eine andere Person zu übergeben, egal ob der Betreffende aus dem Familienkreis kommt oder ein Betriebsfremder ist. Am Ende ist eine erfolgreiche Übergabe, die die weitere Existenz des Unternehmens sicherstellt, nur möglich, wenn sowohl der derzeitige Eigentümer als auch der Nachfolger mit allen Modalitäten absolut zufrieden sind.
Mögliche Notfälle vorab besprechen
Auch aus einem anderen Grund sollten sich Inhaber und Geschäftsführer kleinerer Unternehmen mit dem Thema Nachfolgeregelung befassen: Ist nicht klar geregelt, wer in einem Notfall, etwa bei einem Unfall oder einer Krankheit, Entscheidungsbefugnis hat, können wichtige Transaktionen, etwa Akquise, Annahme und Durchführung von Aufträgen oder Bankgeschäfte, nicht mehr durchgeführt werden. Dann droht dem betroffenen Betrieb im schlimmsten Fall schon nach wenige Wochen die Pleite.
Banken fordern Konzept für Nachfolgeregelung
Auch die Banken legen u. a. im Zuge von Basel III Wert darauf, dass es eine klare Nachfolgeregelung vor allem bei Personengesellschaften und kleineren, Inhabergeführten, GmbHs mit nur einem Geschäftsführer gibt. Ist keine Nachfolgeregelung vorhanden, führt das fast immer zu einer schlechteren Bonitätsbewertung.