Kathleen Kunst, Dr. Rocco Jula
Wirtschaftlich Berechtigter ist nach der gesetzlichen Definition die natürliche Person
- in deren Eigentum oder
- unter deren Kontrolle die mitteilungspflichtige Vereinigung letztlich steht oder
- auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder
- eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird (§ 3 Abs. 1 GwG).
Diese grobe Bestimmung wird sowohl für die Vereinigungen nach § 20 GwG als auch für die Rechtsgestaltungen nach § 21 GwG noch etwas feiner in den weiteren Absätzen des § 3 GwG herausgeschliffen. Die Gesetzesbegründung und das BVA mittels seiner auf der Homepage veröffentlichten FAQ ("frequently asked questions" = "häufig gestellte Fragen", aktueller Stand v. 5.5.2023) geben weiteren Aufschluss.
5.1 In Gesellschaften der öffentlichen Register
Nach § 3 Abs. 2 GwG ist bei juristischen Personen und bei sonstigen Gesellschaften zuerst zu prüfen, ob "tatsächliche" wirtschaftlich Berechtigte vorhanden sind. Können solche nicht ermittelt werden, erfolgt im zweiten Schritt die Bestimmung "fiktiver" wirtschaftlich Berechtigter. Es gibt also immer mindestens einen wirtschaftlich Berechtigten zu jeder Gesellschaft.
5.1.1 Tatsächlich wirtschaftlich Berechtigte
Tatsächlich wirtschaftlich Berechtigter ist jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar entweder
- mehr als 25 % der Kapitalanteile hält und/oder
- mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert und/oder
- auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt (§ 3 Abs. 2 GwG).
Maßgeblicher Unterschied zur Rechtslage vor Einführung des Transparenzregisters und Registrierungspflicht für Unternehmen ist, dass ausdrücklich auch alle Gestaltungen, Absprachen etc., die mittelbar eine solche Kontrolle bestimmter natürlicher Personen zur Folge haben, erfasst werden. Abgezielt wird z. B. auf Treuhand-, Stimmbindungs-, Pool- oder Konsortialvereinbarungen, Mehrstimm- oder sonstige Sonderrechte.
Auch eine Unterbeteiligung, also eine Beteiligung, die intern mit einem Gesellschafter gebildet wird und sich nur auf diesen Gesellschaftsanteil bezieht, muss gemeldet werden, wenn die Vereinigung unter deren mittelbarer Kontrolle steht.
Alle Personen, denen solche Art von Vereinbarungen beherrschenden, dauerhaften Einfluss auf die Finanz- und Geschäftspolitik des Unternehmens gewähren, sind als wirtschaftlich Berechtigte zu melden, und zwar zusätzlich zu denen, die mehr als 25 % der Anteile halten. Eine zur Meldung verpflichtete Gesellschaft kann also mehrere wirtschaftlich Berechtigte haben.
Wegen der relativ niedrigen Beteiligungsschwelle kann ein unmittelbar beteiligter Anteilseigner wirtschaftlich Berechtigter ohne tatsächlich beherrschenden Einfluss sein. Für mittelbare Kontrolle ist beherrschender Einfluss nötig. In Holdingstrukturen bzw. Gesellschafterketten setzt dies voraus, dass in Bezug auf die zwischengeschalteten Gesellschaften eine Mehrheitsbeteiligung oder eine Kontrolle nach § 290 Abs. 2 bis Abs. 4 HGB vorliegt; für diese Ebenen gilt die 25 %-Schwelle nicht.
Ist ein Gesellschafter nur zu 20 % an einer GmbH beteiligt, dominiert er aber gleichzeitig den Stimmrechtspool, ist er wirtschaftlich Berechtigter. Die Kontrollausübung über den Stimmrechtspool ist im Transparenzregister anzugeben.
Hält ein Gesellschafter 30 % der Gesellschaftsanteile und steht hinter ihm ein Treugeber, so sind sowohl der Gesellschafter als auch der Treugeber wirtschaftlich Berechtigte des Unternehmens und als solche zu melden.
5.1.2 Fiktive wirtschaftlich Berechtigte
Kann nach den dem Unternehmen vorliegenden Informationen auch nach sorgfältiger Prüfung keine natürliche Person als tatsächlich wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden, dann rückt der fiktive wirtschaftlich Berechtigte in diese Position. Er muss dem Transparenzregister gemeldet werden.
Die fiktiven wirtschaftlich Berechtigten sind:
- der/die gesetzliche(n) Vertreter und/oder
- der/die geschäftsführende(n) Gesellschafter und/oder
- der/die Partner (§ 3 Abs. 2 Satz 5 GwG).
Die Fiktion kann z. B. greifen
- bei gemeinnützigen, steuerbefreiten juristischen Personen oder
- wenn die Anteile auf mehrere Personen i. H. v. 25 % oder weniger verstreut sind und auch auf sonstige Weise niemand maßgebliche Kontrolle ausübt oder
- wenn die Gesellschaft schlicht nicht die Information zugeliefert bekommen und auch ihre weiteren Nachforschungen nicht ans Tageslicht gebracht haben, wer ihr wirtschaftlich Berechtigter am Ende der Beteiligungskette ist.
5.2 Bei börsennotierten Unternehmen
Für die Bestimmung der wirtschaftlich Berechtigten in Gesellschaften, die an einem organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 des Wertpapierhandelsgesetzes notiert sind, galt zunächst eine Ausnahme. Börsennotierte Unternehmen waren aus § 3 Abs. 2 GwG ausgeklammert mit der Konsequenz, dass die wirtschaftlich Berechtigten nur nach der allgemeinen Regelung des Abs. 1 zu ermitteln sind, d. h. es musste herausgefunden werden, ob die Gesellschaft im Eigentum oder der Kontrolle einer natürlichen Person steht.
§ 3 Abs. 2 gilt aktuell auch für börsennotierte Gesellschaften. Es sind also die gleichen Strategien für die Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten anzuwenden wie bei anderen mitteilungspflichtigen Gesellschaften au...