Kommentar
Bei dem Verfahren ging es um grundsätzliche Fragen zur Abgrenzung staatlich-hoheitlicher und wirtschaftlicher Tätigkeit der öffentlichen Hand. Streitig war, ob die gebührenpflichtige Überlassung von Parkraum durch eine Gebietskörperschaft der Umsatzsteuer unterliegt oder ob es sich insoweit um eine hoheitliche Tätigkeit handelt. Ein portugiesisches Gericht hatte in diesem Zusammenhang mehrere Fragen zur Auslegung von Artikel 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie gestellt. Bei dem Sachverhalt ging es um Einnahmen aus Parkuhren und Parkplätzen der Stadtverwaltung Porto. Die Stadt hatte Parkflächen auf öffentlichen Straßen ausgewiesen, auf denen Parkuhren aufgestellt waren, und weitere Parkflächen, die der Stadt selbst gehören, aber auch Flächen, die Privateigentum sind, und hierfür Gebühren erhoben. Die portugiesische Finanzverwaltung hatte für alle diese Formen der Parkraumüberlassung die Stadt Porto als Unternehmer behandelt. Die Klägerin hatte demgegenüber vorgetragen, die Gebührenerhebung diene der Regelung des Straßenverkehrs und füge sich in die öffentliche Verkehrspolitik ein. Von daher sei ihre Tätigkeit im Rahmen öffentlicher Gewalt ausgeübt.
Dem EuGH-Urteil ist zunächst zu entnehmen, dass die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen ebenfalls eine hoheitliche Tätigkeit ist, wenn diese Vermietung im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung erfolgt. Dies ist nach der Entscheidung dann der Fall, wenn die Ausübung der Tätigkeit das Gebrauchmachen von hoheitlichen Befugnissen umfasst. Im Ergebnis ist der EuGH hier zwar dem Generalanwalt gefolgt. Obwohl er sich auf seine ständige Rechtsprechung zur Auslegung von Artikel 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie bezieht, scheint er jetzt jedoch etwas weniger strenge Anforderungen an die Voraussetzungen zu stellen, unter denen eine öffentliche Einrichtung im Rahmen der öffentlichen Gewalt und damit hoheitlich und nicht umsatzsteuerbar tätig wird. Hierauf deutet Rz. 22 des Urteils hin. Wenn die Überlassung von Parkraum das Gebrauchmachen von hoheitlichen Befugnissen umfasse, erlaube dies die Feststellung, dass die Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung unterliege. Dies bedeutet m.E., dass die Tätigkeit einer öffentlichen Einrichtung nicht mehr vollends in das für die Einrichtung eigens geltende Recht eingebunden sein muss, sondern dass die Tätigkeit durchaus Elemente enthalten kann, die bei einer Überlassung von Parkflächen durch einen privaten Unternehmer auch vorkommen. Hierbei ist insbesondere die Absicht zu nennen, den Parkraum gegen Entgelt zu vermieten, also die Absicht, Einnahmen zu erzielen.
Weiterhin bestätigt der EuGH seine Rechtsprechung, dass eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, öffentlich-rechtliche Einrichtungen als Unternehmer zu behandeln, nur für die in Anhang D der 6. EG-Richtlinie genannten Tätigkeiten gilt und nur insoweit, als diese Tätigkeiten nicht unbedeutend sind. Da die Überlassung von Parkflächen in Anhang D der 6. EG-Richtlinie nicht aufgeführt ist, gilt eine öffentlich-rechtliche Einrichtung bezüglich dieser Tätigkeit also keinesfalls von vornherein als Unternehmer im Sinne von Artikel 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der 6. EG-Richtlinie.
Die Entscheidung schreibt auch die Rechtsprechung zu der Frage fort, unter welchen Voraussetzungen größere Wettbewerbsverzerrungen im Sinne von Artikel 4 Abs. 5 Unterabsatz 2 der 6. EG-Richtlinie vorliegen. Bisher hatte der EuGH entschieden, dass diese Vorschrift die Mitgliedstaaten zwar verpflichtet, öffentlich-rechtliche Einrichtungen als Unternehmer zu behandeln, wenn ansonsten größere Wettbewerbsverzerrungen zu erwarten sind. Die Mitgliedstaaten seien jedoch nicht verpflichtet, dieses Kriterium wörtlich in ihr nationales Recht zu übernehmen oder quantitative Grenzen für die Behandlung der öffentlichen Hand als Nichtunternehmer festzulegen. Neu ist, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, selbst darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen größere Wettbewerbsverzerrungen entstehen können. Die Mitgliedstaaten können diese Prüfung sogar einer Verwaltungsbehörde übertragen, sofern deren Entscheidung von den nationalen Gerichten überprüft werden kann. Dies bedeutet im Grunde, dass die Verwaltungsbehörde von einem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch machen kann und das nationale Gericht in der Lage sein muss, überprüfen zu können, ob dieses Ermessen sachgerecht ausgeübt worden ist.
Der Gerichtshof hat sich also wiederum nicht dazu durchgerungen, selbst festzulegen, unter welchen Voraussetzungen größere Wettbewerbsverzerrungen im Sinne von Artikel 4 Abs. 5 Unterabsatz 2 der 6. EG-Richtlinie vorliegen. Wenn die Prüfung dieser Frage jedem einzelnen Mitgliedstaat überlassen bleibt, kann dies zu sehr unterschiedlichen Auslegungskriterien führen. Der EuGH hätte wenigstens versuchen können, sich abstrakt mit der Frage zu beschäftigen, was größere Wettbewerbsverzerrungen sind, denn dies ist jedenfalls seine ureigene Aufgabe bei der Auslegung von Gemeinschaftsrecht.
Sodann bestätigt...