Leitsatz

Wer als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater im Geschäftsleben auftritt, hat eine Vermögensfürsorgepflicht nur auf Grund einer entsprechenden konkreten Rechtsbeziehung zu seinen Mandanten.

 

Sachverhalt

Der Angeklagte war als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater für S tätig und wusste von dessen betrügerischen Anlagegeschäften. Er händigte P, einem Mittäter des S, im Zusammenhang mit Anlageangeboten mehrere Ausfertigungen eines von ihm blanko unterschriebenen und mit seinem Siegel versehenen Formulars aus, mit dessen Hilfe griechische Investoren Gelder auf Konten in Deutschland transferieren konnten. Außerdem richtete er für die K-AG ein Treuhandanderkonto ein, auf das für angebliche Aktienkäufe bestimmte Beträge von rund 682000 DM eingingen. Diese Summe leitete er zum großen Teil an P weiter. Der BGH hob die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue zum Nachteil der Investoren auf und verwies die Sache zurück.

 

Entscheidung

Der Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB enthält die Missbrauchs- und die Treubruchsalternative. Beide sah der BGH aufgrund der bisherigen Feststellungen des LG nicht als erfüllt an.

Die Missbrauchsalternative des § 266 StGB scheidet aus, weil dem Angeklagten von den Kapitalanlegern keine Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis über ihr Vermögen eingeräumt worden ist. Die Kapitalanleger haben selbst Geldbeträge als Kaufpreis für Aktien auf das Treuhandkonto überwiesen, wodurch es aus ihrem Vermögen ausschied. Mit der Überweisung auf das Anderkonto wurde der Angeklagte selbst aber nicht mit einem Aktienerwerb beauftragt. Er sollte vor einem Erwerb die Werthaltigkeit der Aktien auch nicht eigenständig prüfen. Dass die "Siegelung und das Auftreten des Angeklagten als Wirtschaftsprüfer" ein besonderes Vertrauen der griechischen Anleger geschaffen hätten, ist nicht ohne weiteres anzunehmen. Auch aus § 8 der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer ergibt sich keine auf gesetzlicher Grundlage beruhende Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den griechischen Anlegern. Das Anderkonto ist lediglich für die K-AG eingerichtet worden. Eine Treupflicht gegenüber den Einzahlern könnte sich nur auf Grund vertraglicher Absprachen mit diesen oder sonstiger, eine Treupflicht begründender Umstände ergeben. Ein solcher Vertrag existiert aber nicht.

Auch die Treubruchsalternative liegt nicht vor. Ein derartiges Treueverhältnis erfordert, dass der Täter innerhalb eines nicht unbedeutenden Pflichtenkreises bei Einräumung von Ermessensspielraum, Selbstständigkeit und Bewegungsfreiheit zur fremdnützigen Vermögensfürsorge verpflichtet ist[1]. Eine solche Vermögensfürsorgepflicht des Angeklagten für die griechischen Kapitalanleger ist nicht anzunehmen. Er ist mit ihnen nicht in Kontakt getreten. Es ist nicht erkennbar, dass ihnen gegenüber mit der Einschaltung des Angeklagten als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater geworben worden ist, der eine "ordnungsgemäße" Verwendung der Gelder überwachen sollte. Dass der Angeklagte den griechischen Kapitalanlagevermittlern X und Y als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der K-AG vorgestellt wurde, begründet für ihn ebenso wenig eine Vermögensfürsorgepflicht gegenüber künftigen Aktionären wie die Einrichtung eines Anderkontos für die K-AG oder der Inhalt der mit dem Wirtschaftsprüfersiegel versehenen "Bankbestätigung". Eine Mandantenbeziehung zu diesem Personenkreis besteht nicht.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Beschluss vom 3.8.2005, 2 StR 202/05

[1] Vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., München 2004, § 266 Rn. 28, 29 m.w.N.

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