Leitsatz

  • Ungültige kaufvertraglich vereinbarte Grundbuchvollmacht zur Änderung der Teilungserklärung

    Antragsberechtigung des faktischen Eigentümers

    Hobbyräume nicht zu Wohnzwecken nutzbar

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 WEG, § 19 GBO, § 139 BGB, § 313 BGB

 

Kommentar

1. Ist eine Grundbuchvollmacht in einem Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung, durch die der Erwerber den Veräußerer (Bauträger) ermächtigt, die Teilungserklärung unter bestimmten einschränkenden Voraussetzungen zu ändern, wegen Verstoßes gegen den grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz teilweise unwirksam, so hat dies die Unwirksamkeit der gesamten Vollmacht zur Folge. Eine "geltungserhaltende Reduktion" der Vollmacht ist ausgeschlossen (Ergänzung zu BayObLGZ 1993, 259 = BayObLG, Entscheidung v. 24. 6. 1993, Az.: 2Z BR 56/93und BayObLG, Entscheidung v. 25. 8. 1994, Az.: 2Z BR 80/94).

2. Im vorliegenden Fall ging es um gemeinschaftliche Hobby- oder auch Abstellräume, die der Bauträger zu Wohnzwecken nutzen lassen wollte; er berief sich auf insoweit in Kaufverträgen erteilte Vollmachten u.a. auch des Inhalts,

"zur Änderung berechtigt zu sein. ... wenn das Sondereigentum des Käufers nicht unmittelbar betroffen sei, oder bei baulichen Änderungen, die die Wohnung des Käufers nicht unmittelbar berührten, oder bei Überführung von Sonder- in Gemeinschaftseigentum und umgekehrt ..."

3. Auch faktische Eigentümer - so der Senat - können Verfahrensanträge nach § 43 WEG stellen; dies hat nichts mit einer "Aktivlegitimation" zu tun, da es insoweit um die Verfahrensvoraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsweges geht.

4. Sind Räume in der zum Inhalt des Grundbuchs gewordenen Teilungserklärung als "Hobbyräume" bezeichnet, handelt es sich insoweit um eine die Nutzung solchen Teileigentums einschränkende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter (h.R.M.). Jedenfalls ist keine Nutzung zulässig, die mehr stört oder beeinträchtigt, als die bestimmungsgemäße Nutzung; bei hier gebotener "typisierender", d. h. verallgemeinernder Betrachtungsweise können Hobbyräume nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, auch wenn dies ausnahmsweise anders sein könnte. I. Ü. trifft dies auch für Abstellräume zu (so im Aufteilungsplan bezeichnet). Zum Widerspruch zwischen dem durch doppelte Bezugnahme gleichfalls zum Inhalt des Grundbuchs gewordenen Aufteilungsplan vgl. auch BayObLG WM 85, 238 und OLG Stuttgart, Die Justiz 89, 327.

5. Vorliegend hatte der Bauträger als Antragsgegner allenfalls aufgrund der kaufvertraglichen Vollmachten die rechtliche Möglichkeit, durch Änderung von Teilungserklärung und Grundbucheintragung eine Wohnnutzung der Hobbyräume zulässig zu machen. Anders als im Beschluss des Senats vom 24. 6. 1993 ( BayObLG, Entscheidung v. 24. 6. 1993, Az.: 2Z BR 56/93, NJW-RR 93, 1362) geht es hier nicht um die Eintragung einer Änderung der Teilungserklärung in das Grundbuch, sondern um die Zulässigkeit einer Nutzung. Bei den Vollmachten nach Kaufverträgen handelt es sich aber um Grundbuchvollmachten. Mit Eintragung von Auflassungsvormerkungen für Erstkäufer hat der Bauträger die Befugnis verloren, die Teilungserklärung einseitig zu ändern; die hier kaufvertraglich vereinbarte Vollmacht war keine geeignete Grundlage dafür, in Vertretung der Vormerkungsberechtigten Grundbucheintragungen zu bewirken. Auch bei der Auslegung einer Vollmacht für Grundbucherklärungen ist auf Wortlaut und Sinn einer Vollmacht abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Dabei ist auch der das Grundbuchverfahren beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz zu beachten, wobei eine Auslegung i. Ü. nur in Betracht kommt, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt. Soweit der Bauträger vorliegend ermächtigt wird, "wenn das Sondereigentum des Käufers nicht unmittelbar betroffen ist", wäre die Vollmacht nach Ansicht des Senats auch als Grundbuchvollmacht ausreichend bestimmt (vgl. vorstehende Senatsentscheidung, BayObLG, Entscheidung v. 25. 8. 1994, Az.: 2Z BR 80/94). Nicht den Anforderungen an eine Grundbuchvollmacht entspricht jedoch die Bestimmung, die zur Änderung der Teilungserklärung ermächtigt "bei baulichen Veränderungen, die die Wohnung des Käufers nicht unmittelbar berühren". Hier kann das Grundbuchamt anhand der ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel Voraussetzungen für die Änderung der Teilungserklärung nicht feststellen, die weitgehend auf tatsächlichem Gebiet liegen.

6. Aus einer Teilungültigkeit der Vollmacht folgt im Zweifel die Unwirksamkeit in Gesamtheit ( § 139 BGB). Dem Grundbuchamt steht auch nicht die Entscheidung darüber zu, ob die Vermutung des § 139 BGB widerlegt ist. Auch Rechtsgedanken des AGB-Gesetzes sind zumindest analog auf Grundbuchvollmachten anzuwenden (keine geltungserhaltende Reduktion).

7. Auch außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswertansatz für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 40.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 18.10.1994, 2Z BR 55/94= BayObLGZ 1994, Nr. 60 = WM 12/1994, 708)

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