Leitsatz
Entfällt eine Berechnungsklausel im Prämiensparvertrag wegen Unwirksamkeit, kann diese von der Bank nicht einseitig durch eine neue ersetzt werden. Es ist durch Auslegung das ursprünglich vereinbarte Prinzip zum Zinssatz für die Ausschüttung zu erhalten und im Interesse der Sparer ein sachgerechter Referenzzins zu ermitteln.
Sachverhalt
Ein Ehepaar aus Rheinland-Pfalz hatte gegen die Sparkasse Südwestpfalz geklagt. Streithintergrund war, dass eine frühere Klausel für das Prämiensparen unwirksam war und deshalb eine neue Berechnung für die Auszahlung nötig wurde. Strittig war, welcher Zinssatz hierbei einzusetzen war. Der BGH hat entschieden, dass bei Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel in einem Prämiensparvertrag kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 Abs. 1 BGB besteht. Die Lücke bei der Bestimmung der Zinsanpassung ist vielmehr im Wege einer objektivierten, ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen.
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen im Jahr 1986 einen Prämiensparvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren. Dabei waren neben Zinsen i. H. d. "jeweils gültigen Zinssatzes für S-Versicherungsspareinlagen" mit zunehmender Vertragsdauer steigende Prämien zu erzielen. Bei Abschluss des Vertrags betrug der Nominalzins für S-Versicherungssparen jährlich 5 %. Mit Ablauf des Sparvertrags zahlte die Sparkasse 22034,20 EUR aus.
Nach Beanstandung durch die Sparer nahm sie eine Neuberechung anhand einer Kombination aus den in der Bundesbankstatistik ausgewiesenen Zinssätzen für 2- und 10-jährige Spareinlagen im Verhältnis von 20 % zu 80 % vor, wobei sie den Zinssatz nur dann anpasste, wenn sich dieser Referenzzins um mehr als 0,1 Prozentpunkte verändert hatte. Die Neuberechnung ergab lediglich einen geringfügig höheren Zinsanspruch. Die Eheleute klagten nun auf Zahlung weiterer Sparzinsen i. H. v. 3101,18 EUR. Der BGH hat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen entschieden, dass die durch die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel im Vertrag entstandene Lücke den Sparern kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zur Zinsanpassung nach §§ 316, 315 Abs. 1 BGB eröffnet, sondern im Wege ergänzender Vertagsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen ist.
Maßgeblich dafür ist, welche Regelung die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der Klausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung der beiderseitigen Interessen gewählt hätten. Die Auslegung solcher typischen formularmäßigen Klauseln hat allgemeinverbindlich, unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls zu erfolgen und ist daher in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar.
Der BGH hat beanstandet, dass das Berufungsgericht die Vertragslücke durch Heranziehung der von der Sparkasse bei ihrer Neuberechnung zugrunde gelegten Parameter geschlossen hat. Diese Auslegung sei nicht interessengerecht. Die Einbeziehung eines Referenzzinses für kurzfristige 2-jährige Spareinlagen würde dem Vertragszweck, der auf das Erreichen der maximalen Sparprämie nach voller 20jähriger Laufzeit ausgerichtet ist, nicht gerecht. Auch eine Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten, die in der – unwirksamen – Vertragsklausel nicht vorgesehen war, sei nicht interessengerecht. Vielmehr hat sich der Referenzzins an den in den Monatsberichten der Bundesbank veröffentlichten Zinsen für langfristige Spareinlagen, die der 20jährigen Laufzeit unter Berücksichtigung des Ansparvorgangs nahe kommen, zu orientieren, wobei sich jede Veränderung auch auf den Vertragszins auswirken muss und eine Änderung entsprechend dem Veröffentlichungszyklus der Bundesbankberichte monatlich vorzunehmen ist. Bei der Zinsänderung ist ferner das Äquivalenzprinzip zu beachten, wobei es bei dem vorliegenden Sparvertrag nicht interessengerecht ist, von einem absolut gleich bleibenden Abstand des Vertragszinses zum Referenzzins in Prozentpunkten auszugehen. Die Sache wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um weitere Feststellungen zum sachgerechten Referenzzins zu treffen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09.