Leitsatz
Enthält ein Testament die Ermächtigung für einen Dritten, aus einem näher umrissenen Personenkreis den oder die Nacherben zu bestimmten, so ist diese Regelung unwirksam. An die Stelle der - unwirksamen Nacherbenregelung - tritt in Anwendung des Rechtsgedankens des § 2104 BGB die gesetzliche Erbfolge nach dem Erblasser.
Sachverhalt
Aus der ersten Ehe des Erblassers sind zwei Söhne hervorgegangen. Ein Sohn ist verstorben und hat vier Abkömmlinge hinterlassen. Bereits zu Lebzeiten hatte der Erblasser einen Großteil seines Vermögens "unter Anrechnung auf künftige Erb- und Pflichtteilsansprüche" auf seine Söhne übertragen. In einem handschriftlich verfassten Testament setzte der Erblasser seine zweite Ehefrau als Vorerbin ein und bestimmte ferner: "Nacherben sollen einer oder mehrere meiner beiden Söhne… oder deren Kinder sein. Falls ich die Benennung des oder der Nacherben nicht selbst vornehme, soll meine Ehefrau die Auswahl des oder der Nacherben aus meinen vorgenannten Blutsverwandten vornehmen."
Die Ehefrau setzte in einem ihrer Testamente als Schlusserben zwei ihrer Neffen zu je ½ Anteil ein.
Entscheidung
Das Testament des Erblassers enthält eine unvollständig angeordnete Nacherbeinsetzung. Die der Ehefrau eingeräumte Befugnis zur Auswahl der Nacherben ist gem. § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam. Danach kann der Erblasser die Bestimmung einer Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung eines Gegenstandes der Zuwendung nicht einem Dritten überlassen.
Der Erblasser hat zwar den Personenkreis, aus dem der oder die Erben ausgewählt werden sollen, hinreichend bestimmt. Er hat jedoch keine Kriterien genannt, nach denen die Erbauswahl zu erfolgen hat.
In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der Erblasser einen Nacherben wirksam unter der Bedingung einsetzen kann, dass der Vorerbe nicht anderweitig von Todes wegen über den Nachlass verfügt. Der Vorerbe verfügt, indem er diese auflösende Bedingung herbeiführt und damit zum unbeschränkten Vollerben über seinen eigenen Nachlass wird. Dies setzt jedoch voraus, dass der Vorerbe in der Verfügung über den Nachlass so frei ist, dass er es sogar seinem eigenen Vermögen einverleiben kann. Es bestehen aber in diesem Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass der Ehefrau eine so weit reichende Rechtsstellung habe eingeräumt werden sollen. Der Erblasser hat vielmehr sicher stellen wollen, dass sein Vermögen nach Eintritt des Nacherbfalls auf seine Nacherben übergehen solle. Auch eine ergänzende Testamentsauslegung führt nicht zu anderen Ergebnissen.
Die unwirksame Nacherbeneinsetzung führt nicht dazu, dass die Vorerbschaft zur Vollerbschaft erstarkt, sondern dass die gesetzlichen Erben in die Nacherbschaft eintreten. Dies begründet das Gericht mit der Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 2104 BGB, der den Fall regelt, dass der Erblasser keine Nacherben bestimmt hat.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 24.08.2006, 15 W 66/06