Leitsatz
Der Gesellschafterbeschluss einer Personengesellschaft, durch den eine Nachschussverpflichtung begründet wird, die im Gesellschaftsvertrag keine Grundlage hat, ist dem hiermit nicht einverstandenen Gesellschafter gegenüber unwirksam.
Sachverhalt
Die Klägerin ist gemeinsam mit den Beklagten zu 2 bis 4 Kommanditistin der Beklagten zu 1, einer GmbH & Co. KG. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 18.7.2003, der gegen die Stimmen der Klägerin gefasst wurde. Danach sollen die Kommanditisten entsprechend ihren Gesellschaftsanteilen den im Geschäftsjahr 2002 festgestellten Jahresfehlbetrag von ca. 2,3 Mio. EUR zum 15.8.2003 ausgleichen. Auf die Klägerin entfielen ca. 300000 EUR. Nach dem Gesellschaftsvertrag können die als Festkonten geführten Kapitalkonten der Kommanditisten durch mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss erhöht werden. Ein der Erhöhung nicht zustimmender Gesellschafter kann sich, muss sich aber nicht an der gegen seine Stimme beschlossenen Erhöhung beteiligen. Weiter fordert der Gesellschaftsvertrag, dass die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen innerhalb eines Monats nach Empfang des Protokolls durch Klageerhebung geltend gemacht werden muss. Schließlich bestimmt die Satzung, dass Verluste der Gesellschaft keine Nachschussverpflichtung der Gesellschafter auslösen. Die Gesellschafterversammlung beschließt prinzipiell, auch bei Änderungen des Gesellschaftsvertrags, mit einfacher Mehrheit. Die Klägerin hat innerhalb der satzungsmäßigen Frist zunächst Klage auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 18.7.2003 gegen die Gesellschaft sowie ihre Mitkommanditisten erhoben. LG und OLG haben die Klage abgewiesen. Die Revision war jetzt erfolgreich.
Entscheidung
Der Beschluss über die Nachschussverpflichtung ist der Klägerin gegenüber unwirksam. Der nach dem Gesellschaftsvertrag mögliche Weg der Kapitalerhöhung wurde hier gerade nicht beschritten. Diese Bestimmung verdeutlicht den allgemeinen Grundsatz, dass ein Gesellschafter nicht ohne eigene Zustimmung mit zusätzlichen Beitragspflichten belastet werden darf. Er muss sich vielmehr freiwillig an Kapitalerhöhungen beteiligen.
Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Bestimmung, nach der auf anderem Weg eine zusätzliche Beitragspflicht begründet werden konnte. Vielmehr bestimmt die Satzung ausdrücklich das Gegenteil. Die Möglichkeit, den Gesellschaftsvertrag durch einfachen Mehrheitsbeschluss zu ändern, rechtfertigt die nachträgliche Beitragserhöhung nicht. Eine – grundsätzlich mögliche – antizipierte Zustimmung zu einer nachträglichen Beitragserhöhung durch Mehrheitsbeschluss setzt eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung voraus, die eindeutig ist und Ausmaß und Umfang der möglichen zusätzlichen Belastung erkennen lässt. Dies erfordert die Angabe einer Obergrenze oder die Festlegung sonstiger Kriterien, die das Erhöhungsrisiko eingrenzen.
Auch die gesellschafterliche Treuepflicht verpflichtete die Klägerin nicht zur Zustimmung, so dass ihre fehlende Zustimmung unbeachtlich, der Beschluss mithin als wirksam zu behandeln wäre. Die Treuepflicht kann in Ausnahmefällen eine Zustimmung der Gesellschafter zu einer Beitragserhöhung gebieten. Hieran sind jedoch besonders hohe Anforderungen zu stellen, da ein Gesellschafter grundsätzlich nicht zu neuen Vermögensopfern gezwungen werden kann. Hier scheidet eine Treuepflichtverletzung der Klägerin bereits deshalb aus, weil die Satzung den Gesellschaftern die Möglichkeit der Beseitigung einer etwaigen Existenzgefährdung im Rahmen des gesetzlich Zulässigen eröffnet hätte.
Praxishinweis
Die Klägerin kann die Unwirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses durch eine nicht fristgebundene Feststellungsklage nach § 256 ZPO geltend machen. Diese Klage ist nicht nur gegenüber den Mitgesellschaftern, sondern gerade auch gegenüber der Gesellschaft zulässig. In beiden Fällen ist das erforderliche Feststellungsinteresse am Bestehen eines Rechtsverhältnisses gegeben. Die Klägerin muss daher nicht abwarten, bis sie von der Gesellschaft auf Zahlung in Anspruch genommen wird. Sie darf vielmehr schon vorher klären, ob eine Zahlungspflicht besteht.
Link zur Entscheidung
BGH-Urteil vom 5.3.2007, II ZR 282/05