BMF, Schreiben v. 18.10.2006, IV B4 - S 1301 USA - /06
1. Allgemeines
Das OECD-MA schlägt für zwischengesellschaftliche Dividenden (Beteiligung ab 25 %) für den Quellenstaat eine Begrenzung der Kapitalertragsteuer auf 5 % des Dividendenbetrags vor. Im Kommentar, Abs. 10 zu Art. 10 MA, heißt es dazu, dass ein niedriger Quellensteuersatz mehrfache Steuerbelastungen vermeiden soll. Zu einer merklichen mehrfachen Steuerbelastung kann es aber auch noch bei einem Satz von 5 % kommen. Aus diesem Grunde verzichten die Industriestaaten gegenseitig zunehmend auf die Erhebung von Quellensteuern auf zwischengesellschaftliche Dividenden (Mutter-Tochter-Verhältnis) ab einer bestimmten Beteiligungsquote. Das gilt z.B. für die Mitgliedstaaten der EU seit Geltung der Mutter-Tochter-Richtlinie in 1992. Nach dieser Richtlinie ist es jedem Staat freigestellt, wie er als Ansässigkeitsstaat der die Dividenden beziehenden Muttergesellschaft diese Dividenden besteuert. Die EU-Staaten können zu diesem Zweck entweder die Freistellungsmethode oder die Anrechnungsmethode (hier: indirekte Anrechnung der Körperschaftsteuer der Tochtergesellschaft) wählen. Die im Rahmen des DBA-USA angesprochene unterschiedliche Wirkung eines zusätzlichen Verzichts der 5-%-Kapitalertragsteuer (Quellensteuer) stellt sich somit generell auch im Verhältnis zu den EU-Staaten auf Grund europäischen Rechts.
Im Übrigen wurde in Anknüpfung an die europäische Weichenstellung durch die Mutter-Tochter-Richtlinie in der Vergangenheit bereits in den DBA mit der Schweiz und Norwegen ein Nullsatz für zwischengesellschaftliche Dividenden festgeschrieben.
2. Beseitigung der Quellensteuer im Verhältnis zu den USA
Die Absenkung der Quellensteuer auf null ist für Deutschland aus standort- und wettbewerbspolitischen Gründen angezeigt, nachdem die USA inzwischen mit wichtigen Handelspartnern Nullsätze vereinbart haben (Großbritannien, Niederlande, skandinavische Staaten, Mexiko, Japan, Australien). Ein Teil dieser Staaten wendet als Methode der Vermeidung der Doppelbesteuerung für zwischengesellschaftliche Dividendenerträge die Freistellungsmethode an (entweder im Rahmen von DBA oder national).
3. Auswirkungen
Die deutsche Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften liegt derzeit bei etwas mehr als 38 % Körperschaftsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer. Schüttet eine deutsche Gesellschaft Dividenden an ihre US-Muttergesellschaft aus, ist der Bruttoertrag bei der US-Muttergesellschaft steuerpflichtig; die deutsche Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer kann auf die US-Körperschaftsteuer (Satz 35 %) angerechnet werden. Es bleibt hiernach, soweit nicht durch steuerplanerische Maßnahmen vermeidbar, ein nicht anrechenbarer „Überhang” von mindestens 3 %. Der Überhang erhöht sich um weitere 3,75 % durch die Belastung mit Kapitalertragsteuer (5 % auf die Dividende). Die steuerliche Gesamtbelastung liegt damit – rechnerisch – bei knapp 42 %. Durch die Absenkung der deutschen Kapitalertragsteuer verringert sich dieser Überhang auf 3 %. Damit kommt die Absenkung der deutschen Kapitalertragsteuer im Regelfall dem Investor zugute und nicht dem US-Fiskus.
Schüttet umgekehrt eine US-Gesellschaft Dividenden an ihre deutsche Muttergesellschaft aus, bleibt zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung die Ausschüttung nach § 8b Abs. 1 KStG mit 95 % steuerfrei (also nach Berücksichtigung von 5 % Aufwand im Zusammenhang mit dem Dividendenbezug). Die Gesamtbelastung beträgt nach derzeitigem DBA-Recht rd. 39 % (35 % US-Körperschaftsteuer zuzüglich 3,25 % US-Kapitalertragsteuer ((100-35) × 5 %) und 0,81 % deutsche Körperschaftsteuer auf den nicht steuerfreien Teil der Dividende). Der Wegfall der US-Quellensteuer kommt voll dem deutschen Unternehmen zugute.
Unter Wettbewerbsgesichtspunkten ergeben sich folgende Wirkungen:
Die Belastung einer US-Investition in Deutschland liegt damit in der Regel nominal um etwa 4 %-Punkte über der Belastung einer deutschen Gesellschaft, die in Deutschland investiert. Sie liegt auch deutlich über der Belastung, die sich bei einer Investition beispielsweise in Großbritannien ergibt (dortiger Körperschaftsteuersatz 30 % Quellensteuer nach innerstaatlichem Recht null).
Umgekehrt liegt die Belastung einer deutschen Gesellschaft, die in den USA investiert, um etwa 4 % höher als die Belastung
- einer US-Gesellschaft, die in den USA investiert,
- einer britischen, japanischen, australischen und niederländischen Gesellschaft, die in den USA investiert und die mit einer deutschen Gesellschaft konkurriert; denn im Verhältnis zu diesen Ländern haben die USA bereits auf die Erhebung der Kapitalertragsteuer verzichtet, soweit die jeweilige Beteiligung mindestens 80 % beträgt (im Verhältnis zu Japan liegt die Beteiligungsgrenze bei 50 %).
Normenkette
DBA-USA