Daniel A. Wuersch, Olaf Gerber
Rz. 131
Die Vertretung der corporation erfolgt gesetzlich durch das board of directors als Kollegialorgan. Ist nur ein director vorhanden, kann dieser die Gesellschaft allein vertreten. In der Praxis wird allerdings regelmäßig den officers durch die articles of incorporation, die bylaws oder durch einen Beschluss des board of directors die Vertretungsmacht für die Gesellschaft eingeräumt.
Rz. 132
Die officers sind individuell zur Vertretung der corporation berechtigt, in ihrer Gesamtheit kommt ihnen keine eigenständige Bedeutung zu. Hiervon kann jedoch abgewichen werden, insbesondere kann anstatt Einzelvertretung auch Gesamtvertretung angeordnet werden. Allerdings ist diese im Außenverhältnis wegen des fehlenden Handelsregisters nur bei positiver Kenntnis (actual knowledge) durchsetzbar. Die Vertretungsmacht der officers ist keine gesetzliche Vertretungsmacht, sondern eine durch Rechtsgeschäft eingeräumte Vertretungsmacht (express authority). Die Vertretungsmacht erstreckt sich dabei nicht nur auf die ausdrücklich in der Bevollmächtigung erfassten Fälle, sondern auch auf damit notwendig im Zusammenhang stehende Tätigkeiten. Auch ohne ausdrückliche Bevollmächtigung können die officers zur Vertretung der Gesellschaft im Außenverhältnis berechtigt sein. Es besteht eine Vermutung dafür, dass mit einem bestimmten Titel auch bestimmte Kompetenzen bestehen (inherent authority). So sind im Außenverhältnis der chief executive officer und der president unbeschränkt zur Vertretung der Gesellschaft befugt, sofern die andere Partei keine positive Kenntnis (actual knowledge) von eventuell bestehenden Vertretungsbeschränkungen hatte (§ 313 CalCC). Schließlich können Dritte auch auf einen Rechtsschein im Hinblick auf die Vertretungsberechtigung bestimmter officers vertrauen (apparent authority). Insbesondere bei wichtigen Verträgen und bei Finanzierungen wird zur Vermeidung von Unsicherheiten über den Umfang der Vertretungsmacht eines officers die andere Vertragspartei auf die Vorlage eines Beschlusses des board of directors bestehen, der den Abschluss des Rechtsgeschäfts bestätigt.
Rz. 133
Sofern im Gesellschaftsvertrag der close corporation von der Option Gebrauch gemacht wurde, kein board of directors einzusetzen, erfolgt die Vertretung ausschließlich durch die officers. Die Vertretungsbefugnis der officers ergibt sich aber dann auch hier aus den entsprechenden Regelungen in den articles oder bylaws.
Rz. 134
Ein gesetzliches Verbot des Selbstkontrahierens mit Wirkung im Außenverhältnis ist dem US-amerikanischen Recht fremd. Insichgeschäfte sind u.U. der Gesellschaft anzuzeigen bzw. es bestehen im Innenverhältnis gewisse Beschränkungen (siehe Rdn 123).
Rz. 135
Die ultra vires-Lehre, wonach die corporation an Rechtsgeschäfte, die vom Unternehmensgegenstand nicht gedeckt sind, nicht gebunden war, spielt in der Praxis heute keine Rolle mehr.