Daniel A. Wuersch, Olaf Gerber
Rz. 77
In der close corporation ist die freie Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile in den meisten Fällen von den Gesellschaftern nicht gewünscht. Kennzeichnend für die close corporation ist vielmehr, dass die Gesellschafter i.d.R. in den articles of incorporation, bylaws oder durch sonstige Gesellschaftervereinbarungen (shareholder agreements) Übertragungsbeschränkungen vereinbaren. In Delaware muss zwingend, wenn die besonderen Vorschriften des DGCL über die close corporation Anwendung finden sollen, eine Übertragungsbeschränkung vereinbart und in dem certificate of incorporation darauf hingewiesen werden, dass die Gesellschaftsanteile einer Übertragungsbeschränkung unterliegen (§ 342(a)(2) DGCL). Typische Übertragungsbeschränkungen sind Zustimmungsvorbehalte (consent requirements) zugunsten der Gesellschaft, der directors oder zugunsten der übrigen Gesellschafter (§ 202(c)(3) DGCL), das Verbot, die Gesellschaftsanteile an bestimmte Gruppen (z.B. Konkurrenten) zu übertragen, die Gestattung der Übertragung an lediglich bestimmte Personen, wie z.B. Mitgesellschafter oder Familienangehörige (§ 204(a)(3) CalCC), sowie die Begrenzung der Anzahl der Anteile, die ein Gesellschafter erwerben darf.
Rz. 78
Weit verbreitet bei close corporations sind Vorerwerbsrechte (right of first refusal). Der verkaufswillige Gesellschafter ist danach verpflichtet, seine Anteile zunächst der Gesellschaft oder den Mitgesellschaftern zum Kauf anzubieten, bevor er die Anteile an einen Dritten verkaufen darf, und zwar entweder zu einem bereits mit einem Dritten vereinbarten Preis oder zu einem in der Übertragungsbeschränkung bereits festgelegten Preis (§ 202(c)(1) DGCL). Machen die Gesellschaft oder die Gesellschafter von ihrem Vorerwerbsrecht keinen Gebrauch, ist der Gesellschafter frei, seine Anteile an den Dritten zu veräußern.
Rz. 79
Ebenfalls üblich ist die Vereinbarung von Ankaufsrechten (call option/right), die die Gesellschaft oder die übrigen Gesellschafter bei Eintritt bestimmter Ereignisse (z.B. Tod, Geschäftsunfähigkeit, Insolvenz, Beendigung des Arbeitsverhältnisses) berechtigen, die Anteile des hiervon betroffenen Gesellschafters zu einem festgelegten Preis zu erwerben, und zwar unabhängig davon, ob der betreffende Gesellschafter seine Anteile veräußern will.
Rz. 80
Schließlich sind noch Andienungsrechte bzw. Erwerbsverpflichtungen zu nennen, wonach die Gesellschaft oder die übrigen Gesellschafter verpflichtet sind, beim Eintritt bestimmter Ereignisse die Anteile eines Gesellschafters zu erwerben.
Rz. 81
Übertragungsbeschränkungen können in den articles of incorporation, in Kalifornien nur in den articles (§ 204(b) CalCC), den bylaws oder in Gesellschaftervereinbarungen vereinbart werden. Nachträglich können Übertragungsbeschränkungen nur mit Zustimmung der betroffenen Gesellschafter eingeführt werden (§ 202(b) DGCL, § 204(b) CalCC). Übertragungsbeschränkungen müssen klar und eindeutig sein. Vereinbarungen über Übertragungsbeschränkungen werden von den Gerichten eng nach ihrem Wortlaut ausgelegt. So sollen Erwerbsvorrechte und Ankaufsrechte auf unfreiwillige Übertragungen (Insolvenz, Erbfall, Scheidungsauseinandersetzung) keine Anwendung finden, wenn die entsprechende Regelung nicht auch explizit diese Fälle umfasst.
Rz. 82
Übertragungsbeschränkungen wirken zunächst zwischen den an der Vereinbarung beteiligten Gesellschaftern. Dritte müssen aber die Übertragungsbeschränkung gegen sich gelten lassen, wenn ihnen die Übertragungsbeschränkung bekannt ist oder die Übertragungsbeschränkung auf den Anteilszertifikaten vermerkt ist (§§ 202, 347, 351, 355 DGCL, § 418(b) CalCC, § 8–204 UCC). Bei unverbrieften Anteilen sind die Übertragungsbeschränkungen in der an jeden registrierten Gesellschafter zu übermittelnden Mitteilung über den Inhalt der Gesellschaftsrechte aufzunehmen (§ 151(f) DGCL).
Rz. 83
Sofern eine Übertragungsbeschränkung unwirksam sein sollte, hat die Gesellschaft in Delaware gleichwohl die Möglichkeit, die von der Übertragungsbeschränkung betroffenen Anteile innerhalb von 30 Tagen ab dem Erlass des die Übertragungsbeschränkung für ungültig erklärenden Urteils zu erwerben und zwar zu einem von den Parteien vereinbarten Preis oder, falls sich die Parteien nicht einigen können, zu dem vom Gericht bestimmten Verkehrswert der Anteile (§ 202(b)DGCL).
Rz. 84
Bei einem Erwerb der Gesellschaftsanteile durch die Gesellschaft sind die allgemein für den Erwerb eigener Anteile geltenden Beschränkungen zu beachten (siehe Rdn 48 ff.).