Daniel A. Wuersch, Olaf Gerber
1. Aufstellung des Jahresabschlusses
Rz. 146
Die Gesellschaftsrechte der Einzelstaaten enthalten nicht durchwegs Regelungen über die Aufstellung von Jahresabschlüssen (annual financial statements). Sofern gesellschaftsrechtlich eine Pflicht zur Rechnungslegung besteht, dient diese jedoch in erster Linie der Information der Gesellschafter und nicht dem Gläubigerschutz. Auch fehlt es i.d.R. an Bilanzierungs-, Bewertungs- und Gliederungsvorschriften.
Rz. 147
Das Gesellschaftsrecht von Delaware kennt keine Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses. Hier ist den Gesellschaftern lediglich Einblick in die Bücher der Gesellschaft zu gewähren (§ 220(b) DGCL). In New York muss ein Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung, den Gesellschaftern nur auf schriftlichen Antrag hin zur Verfügung gestellt werden (§ 624(e) NYBCL). Nach welchen Rechnungslegungsgrundsätzen der Jahresabschluss aufzustellen ist, ist nicht geregelt, insbesondere fehlt ein Verweis auf Bilanzierungsgrundsätze.
Rz. 148
In Kalifornien muss die corporation innerhalb von 120 Tagen nach Abschluss des Geschäftsjahres sämtlichen Gesellschaftern einen Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz (balance sheet) und Gewinn- und Verlustrechnung (income statement), vorlegen (§ 1501(a) Cal.CC). Als Grundlage der Bilanzierung gelten die allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätze (generally accepted accounting principles – GAAP), § 114 CalCC. Bei Gesellschaften mit weniger als 100 Gesellschaftern können die bylaws vorsehen, dass keine Jahresabschlüsse aufgestellt werden oder den Gesellschaftern nicht überlassen werden müssen (§ 1501(a) CalCC).
Rz. 149
Im Übrigen ergibt sich eine gesetzliche Pflicht zur Aufstellung von Jahresabschlüssen nach den einheitlichen Rechnungslegungsgrundsätzen (GAAP) nur für Gesellschaften, die aufgrund des bundesrechtlichen Securities Exchange Act zur Veröffentlichung von Jahres- und Quartalsabschlüssen verpflichtet sind. Die Jahresabschlüsse dieser Gesellschaften müssen von einem Wirtschaftsprüfer (certified public accountant) geprüft werden, der beim Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) registriert ist. Dieser kapitalmarktrechtlichen Rechnungslegungs- und Publizitätspflicht unterliegen jedoch nur Gesellschaften, die mindestens 500 Gesellschafter haben (public oder reporting corporations). Definitionsgemäß unterliegen somit close corporations dieser kapitalmarktrechtlichen Rechnungslegungs- und Publizitätspflicht nicht.
2. Feststellung des Jahresabschlusses
Rz. 150
Die Feststellung (approval) des Jahresabschlusses erfolgt, soweit vorgesehen, grundsätzlich durch das board of directors (§ 1501(a) CalCC). In den articles oder den bylaws kann jedoch eine abweichende Regelung getroffen werden.
3. Prüfung des Jahresabschlusses
Rz. 151
Gesetzlich ist eine Prüfung des Jahresabschlusses der close corporation durch Dritte nicht vorgeschrieben. Sofern eine Prüfung des Jahresabschlusses vorgesehen ist, erfolgt die Wahl der Abschlussprüfer vorbehaltlich einer anderen Regelung in den bylaws durch das board of directors.
4. Publizität
Rz. 152
Eine gesellschaftsrechtliche Pflicht zur externen Veröffentlichung eines Jahresabschlusses besteht für die close corporation weder in Delaware noch in New York oder Kalifornien. Grund hierfür ist, dass nach US-amerikanischem Rechtsverständnis die Publizität der Gesellschaften zum Regelungsbereich des Kapitalmarktrechts gehört. Dementsprechend enthält auch der bundesrechtliche Securities Exchange Act 1934 umfangreiche Publizitätspflichten wie etwa einen Jahresbericht (Form 10-K), einen vierteljährlichen Finanzbericht (Form 10-Q) sowie einen Bericht über wesentliche Geschäftsentwicklungen (Form 8-K). Diese Publizitätspflichten gelten jedoch nicht für close corporations, da diese nicht unter den Regelungsbereich des Kapitalmarktrechts fallen.