Daniel A. Wuersch, Olaf Gerber
1. Aufgaben und Befugnisse der directors und officers
Rz. 119
Das board of directors hat nach der gesetzlichen Grundkonzeption die umfassende Alleinzuständigkeit, über alle Angelegenheiten der Gesellschaft zu entscheiden. So ist das board of directors u.a. zuständig für die allgemeine Geschäftspolitik, einschließlich der Finanzplanung, die Bestellung, Überwachung und Abberufung der officers, die Ausstellung von in den articles of incorporation genehmigten Anteilen, die Ausschüttung von Dividenden, die Änderung der bylaws, die Vorbereitung und Beschlussfassung über außerordentliche Rechtsgeschäfte, denen anschließend die Gesellschafter noch zustimmen müssen. Die Gesellschafter haben dagegen gesetzlich nur das Recht, über eine begrenzte Anzahl von Gegenständen zu entscheiden.
Rz. 120
Das board of directors fasst seine Beschlüsse in ordentlichen oder außerordentlichen Sitzungen. Auch schriftliche Beschlussfassungen des board im Wege des Umlaufverfahrens (§ 141(f) DGCL, § 307(b) CalCC, § 708(2) NYBCL) sowie Abstimmungen durch Telefon- oder Videokonferenzen (§ 307(a)(6) CalCC, § 708(c) NYBCL) sind zulässig. Im Umlaufverfahren ist Einstimmigkeit notwendig (§ 141(f) DGCL). Die Beschlüsse des board of directors müssen in einem Protokoll festgehalten werden (§ 141 DGCL, § 307 CalCC, § 708(b),(c) NYBCL). In den bylaws, seltener in den articles, wird regelmäßig eine Geschäftsordnung für das board of directors festgelegt, in der u.a. die Anzahl und der Zeitpunkt der jährlichen ordentlichen Sitzungen, das Verfahren für die Einberufung von ordentlichen und außerordentlichen Sitzungen des board sowie die Beschlussfassung geregelt sind.
Rz. 121
Grundsätzlich ist für eine Beschlussfähigkeit des board erforderlich, dass die Hälfte der Soll-Mitglieder teilnimmt (§ 141(b) DGCL, § 307(a)(7) CalCC). In New York ist ein gesetzliches Quorum der Mehrheit der Mitglieder erforderlich (§ 707 NYBCL). Hiervon kann jedoch in den articles oder bylaws abgewichen werden und ein höheres oder ein niedrigeres Quorum festgelegt werden, wobei mindestens ein Drittel der Soll-Mitglieder teilnehmen muss (§ 141(b) DGCL, § 307(a)(7) CalCC, § 707 NYBCL). Vertretung durch andere Mitglieder des board oder durch Dritte ist nicht zulässig. Es gehört vielmehr zu den Pflichten, persönlich oder auf anderem Wege (z.B. telefonisch) an den Sitzungen des board of directors teilzunehmen. Ein Beschluss bedarf zu seiner Annahme einer Mehrheit der Stimmen der teilnehmenden directors, im Umlaufverfahren der Einstimmigkeit. In den articles oder bylaws kann ein höheres Mehrheitserfordernis bis hin zur Einstimmigkeit vorgesehen werden (§ 141(b) DGCL, § 307(a)(8) CalCC, §§ 708(d), 709 NYBCL). Grundsätzlich hat jeder director eine Stimme. Sofern unterschiedliche Gruppen von directors bestehen, können deren Stimmrechte abweichend geregelt werden (§ 141(d) DGCL).
2. Pflichten und Haftung der directors und officers
Rz. 122
Die Mitglieder des board of directors und die officers haben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Sorgfaltspflichten (duty of care) und Treuepflichten (duty of loyalty) gegenüber der Gesellschaft und deren Gesellschaftern zu beachten.
a) Sorgfaltspflicht
Rz. 123
Die directors haben ihre Geschäftsführungsentscheidungen nach Treu und Glauben, mit der Sorgfalt einer vernünftigen Person in der entsprechenden Lage sowie im alleinigen Interesse der Gesellschaft zu treffen (§ 309 NYBCL, § 309(a) CalCC, § 717(a) NYBCL). Der Maßstab für die gerichtliche Überprüfung von Geschäftsführungsentscheidungen ergibt sich aus der sog. business judgment rule. Nach ständiger Rechtsprechung begründet eine unternehmerische Entscheidung des board of directors keine Pflichtverletzung, wenn diese Entscheidung auf der Grundlage ausreichender Informationen, in gutem Glauben (good faith) und in dem begründeten, nicht auf Willkür basierenden Glauben gefasst wurde, dass diese Entscheidung im Interesse der Gesellschaft ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird die Entscheidung bzw. Geschäftsführungsmaßnahme von einem Gericht nicht weiterhin auf ihren Inhalt überprüft. Dies gilt auch dann, wenn sich die Entscheidung später als für die Gesellschaft nachteilig erweist. Eine materielle Überprüfung findet dagegen dann statt, wenn das board of directors überhaupt keine Entscheidung getroffen hat, die Entscheidung nicht auf der Grundlage ausreichender Informationen getroffen wurde, die Entscheidung willkürlich war oder ein unbereinigter Interessenkonflikt bestand. In diesen Fällen liegt regelmäßig auch ein Pflichtenverstoß vor. Insbesondere bei gesetzwidrigem oder betrügerischem Verhalten oder einer Verletzung der Treuepflicht findet die business judgment rule keine Anwendung.
Rz. 124
Bei ihren Entscheidungen dürfen sich die directors auf die mündlichen oder schriftlichen Informationen der officers und anderer Angestellten verlassen, sofern die directors hinsichtlich der ihnen überlassenen Informationen im guten Glauben (good faith) sind (§ 141(e) DGCL, § 309(b) CalCC, § 717(a) NYBCL). Schließlich kann in den articles of incorporation die Haftung der directors gegenüber der Gesellschaft für grob fahrlässiges Verhalten mit Eins...