Daniel A. Wuersch, Olaf Gerber
I. Auflösungsgründe
1. Freiwillige Auflösung
Rz. 164
Eine nur auf bestimmte Zeit gegründete Gesellschaft wird grundsätzlich mit Eintritt des in den articles of incorporation festgelegten Zeitpunktes oder Ereignisses aufgelöst (§ 287 DGCL, §§ 1800(b)(6), 1906 CalCC, § 1009 NYBCL).
Rz. 165
Eine auf unbestimmte Zeit gegründete Gesellschaft kann freiwillig durch einen Beschluss ihrer Gesellschafter aufgelöst werden (voluntary dissolution). In Delaware, New York und Kalifornien genügt für den Auflösungsbeschluss gesetzlich die einfache Mehrheit (§ 275(b) DGCL, § 1001(a) NYBCL, § 1900(a) CalCC). In Delaware hat der Beschlussfassung der Gesellschafter ein Beschluss des board of directors, dass eine Auflösung ratsam sei, voranzugehen (§ 275(a) DGCL). Ohne einen solchen vorherigen Beschluss des board of directors können die Gesellschafter die Auflösung nur beschließen, wenn sich alle stimmberechtigten Gesellschafter mit der Auflösung einverstanden erklären (§ 275(c) DGCL). Ferner ist es in Delaware und New York zulässig, eine Bestimmung in das certificate of incorporation aufzunehmen, wonach einzelne Gesellschafter oder eine bestimmte Anzahl von Gesellschaftern beim Eintritt eines bestimmten Ereignisses oder nach freiem Ermessen die Auflösung der Gesellschaft beantragen können (§ 355 DGCL, § 1002 NYBCL).
Rz. 166
Im Anschluss an den Auflösungsbeschluss ist in Delaware und New York beim secretary of state das sog. certificate of dissolution einzureichen. Damit gilt die Gesellschaft als aufgelöst (§ 275(f) DGCL, §§ 1003, 1004 NYBCL) und ist anschließend zu liquidieren. In Kalifornien dagegen ist dem secretary of state zunächst lediglich mitzuteilen, dass die Gesellschaft liquidiert und aufgelöst werden soll (§ 1901 CalCC). Ein certificate of dissolution ist in Kalifornien erst nach Abschluss der Liquidation einzureichen, da dort die Liquidation (winding up) der Auflösung (dissolution) vorangeht. Erst im Anschluss an die Abwicklung ist dort das certificate of dissolution beim secretary of state einzureichen.
2. Zwangsweise Auflösung
Rz. 167
Die Gesellschaft kann ferner durch gerichtliche Anordnung auf Antrag bzw. Klage eines Gesellschafters oder einer anderen antragsberechtigten Person (z.B. einer staatlichen Behörde) zwangsweise aufgelöst werden (involuntary dissolution).
Rz. 168
So können in Delaware und Kalifornien ein Minderheitsgesellschafter, in New York mindestens die Hälfte der stimmberechtigten Aktionäre auf Auflösung der Gesellschaft klagen, wenn das board of directors bzw. der Mehrheitsgesellschafter seine Stellung zu betrügerischem oder den Minderheitsgesellschafter übervorteilendem Verhalten missbraucht oder wenn Gesellschaftsvermögen zweckwidrig oder verschwenderisch verwendet wurde (§§ 226, 352 DGCL, § 1800 CalCC, § 1104(b) NYBCL). Eine Auflösungsklage kommt ferner dann in Betracht, wenn sich die Gesellschafter in einer Pattsituation befinden und deshalb keine Board-Mitglieder gewählt werden können oder wenn sich das board in einer Pattsituation befindet, die von den Gesellschaftern nicht aufgelöst werden kann und deshalb ein irreparabler Schaden für die Gesellschaft droht (§§ 226, 352 DGCL, § 1104(b) NYBCL, § 1800 CalCC). In Kalifornien kann der Antrag auf Auflösung wegen der vorgenannten Gründe auch von mindestens der Hälfte der Mitglieder des board of directors gestellt werden (§ 1800(a)(1) CalCC).
Rz. 169
Eine Sonderregelung besteht in Delaware für die Auflösung einer joint venture-Gesellschaft, die nur zwei Gesellschafter hat. Können diese sich über die Beendigung und die Verteilung der Vermögensgegenstände nicht einigen, kann jeder Gesellschafter, vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung, gerichtlich die Auflösung des Joint Ventures beantragen. Können sich die Gesellschafter innerhalb von drei Monaten ab Antragstellung über die Auflösung des Joint Ventures und die Verteilung der Vermögensgegenstände nicht einigen, kann das Gericht die Auflösung der Gesellschaft anordnen (§ 273 DGCL).
Rz. 170
In Delaware sind im Falle der Insolvenz der Gesellschaft sowohl die Gesellschafter als auch die Gläubiger der Gesellschaft berechtigt, beim für die Gesellschaft zuständigen Gericht (Court of Chancery) die Einsetzung eines Sachwalters (receivers) zu beantragen (§ 291 DGCL). Mit der Ernennung des receivers gehen das Eigentum und die Verfügungsbefugnis an den Vermögensgegenständen der Gesellschaft – mit Ausnahme der in anderen Bundesstaaten belegenen Grundstücke – auf den receiver über (§ 292(a) DGCL). Aufgabe des receiver ist es, unter gerichtlicher Aufsicht die Gesellschaft zu liquidieren und den Liquidationserlös zwischen den Gläubigern zu verteilen. Die Gläubiger sind hierzu verpflichtet, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist beim Gericht anzumelden und nachzuweisen. Nach Ablauf der First können sie von der Teilnahme am Liquidationserlös ausgeschlossen werden (§ 295 DGCL).
3. Auflösung durch behördliche Verfügung
Rz. 171
Eine Gesellschaft kann ferner durch Verfügung der zuständigen Verwaltungsbehörde (administrative dissolution), i.d.R. des secretary of state oder einer Steuerbehörde, (vorübergehend) aufgelöst ...