Daniel A. Wuersch, Olaf Gerber
Rz. 140
Nach der gesetzlichen Kompetenzordnung ist das board of directors das starke, mit weit reichenden Kompetenzen ausgestattete Organ, während sich die gesetzlichen Teilhaberechte der Gesellschafter auf die Wahl der directors und einige wenige Grundlagengeschäfte beschränken. Insbesondere für Gesellschaften mit einem kleinen Gesellschafterkreis und aktiv im Unternehmen tätigen Gesellschaftern ist diese gesetzlich vorgegebene Kompetenzordnung nicht passend. Aber auch bei größeren Gesellschaften mit kleinerem Gesellschafterkreis besteht häufig das Bedürfnis, den Einfluss der Gesellschafter, insbesondere auf die Bestellung der officers zu stärken. Für die Gesellschafter einer close corporation bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten, von dieser Kompetenzordnung abzuweichen: Zum einen können die Rechte des board of directors eingeschränkt werden, zum anderen kann das board of directors ganz abgeschafft werden.
Rz. 141
Sofern das board of directors als Organ bestehen bleiben soll, können in den articles of incorporation oder den bylaws Kompetenzen des board of directors durch Zustimmungsrechte der Gesellschafter eingeschränkt oder auf die Gesellschafter verlagert werden (§ 620(b) NYBCL). So kann die Zuständigkeit des board of directors, die officers zu wählen, in den articles oder bylaws zugunsten der Gesellschafter eingeschränkt werden (§ 142(b) DGCL). Ferner besteht die Möglichkeit, in den articles of incorporation die Befugnisse des board of directors zugunsten von anderen Organen einzuschränken (§ 141(a) DGCL). Außerdem kann in Gesellschaftervereinbarungen (shareholder management agreements) eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Kompetenzordnung festgelegt werden. So können bestimmte Bereiche, für die das board of directors zuständig ist, wie z.B. die Festlegung der Geschäftspolitik, die Ernennung der officers, die Festlegung des Gehalts für die directors und officers sowie die Entscheidung über Dividendenausschüttungen, in den Zuständigkeitsbereich der Gesellschafter verlagert werden.
Rz. 142
In Delaware, New York und Kalifornien ist gesetzlich ausdrücklich geregelt, dass solche Vereinbarungen nicht allein deshalb unwirksam sind, weil die corporation durch sie eine den Personengesellschaften ähnliche Organisationsverfassung erhält (§ 354 DelCC, § 300(b) CalCC, § 620(b) NYBCL). Soweit dem board of directors Kompetenzen zugunsten der Gesellschafter oder anderer Organe entzogen werden, finden auch die den board of directors treffenden Verhaltens- und Sorgfaltspflichten und Haftungsnormen auf diese Organe Anwendung (§ 141(a) DGCL, § 300(d) CalCC).
Rz. 143
Darüber hinaus können in Delaware Gesellschaften, die den Status einer close corporation gewählt haben, das board of directors vollständig abschaffen und die Geschäftsführung und Vertretung auf die Gesellschafter übertragen (§§ 350, 351 DGCL).