Detlef Burhoff, Annika Hirsch
Rdn 5321
Literaturhinweise:
Eylmann, Die Interessenkollision im Strafverfahren, StraFo 1998, 145
Kleine-Cosack, Verteidigung mehrerer Beschuldigter durch Mitglieder einer Sozietät, StraFo 1998, 149
Pätzel, Die Beiordnung zusätzlicher Pflichtverteidiger als Steuerungsinstrument in Strafverfahren, NStZ 2021, 257
Schefer, Berufsrechtliche Implikationen bei der Annahme, Wahrnehmung und Beendigung des Strafverteidigermandats, StraFo 2022, 411
Sommer, Teamverteidigung, StraFo 2013, 6
Widmaier, Höchstzahl von drei Verteidigern (§ 137 StPO) – nicht in der Justizvollzugsanstalt, StraFo 2011, 390
s.a. die Hinw. bei → Verteidiger, Allgemeines, Teil V Rdn 5050.
Rdn 5322
1. § 137 Abs. 1 S. 2 beschränkt die Zahl der Wahlverteidiger auf drei. Dadurch soll erreicht werden, dass das Verfahren nicht durch die Mitwirkung einer zu großen Zahl von Verteidigern verschleppt und verzögert wird (BGHSt 27, 124; zur Teamverteidigung Sommer StraFo 2013, 6). Bei der Berechnung mitgezählt werden nach h.M. (Nachw. bei Meyer-Goßner/Schmitt, § 137 Rn 5) auch der Unterbevollmächtigte, wenn er neben dem Hauptbevollmächtigten und nicht nur an dessen Stelle, tätig wird, und der nach § 138 Abs. 2 zugelassene Verteidiger. Nicht mitgezählt wird der zusätzlich bestellte Pflichtverteidiger (BGH MDR 1980, 273 [H]; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.). Das gilt auch, wenn von der nach der Neuregelung des Rechts der Pflichtverteidigung in § 144 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, dem Beschuldigten zwei Pflichtverteidiger zu bestellen (→ Pflichtverteidiger, Mehrere/zusätzliche Pflichtverteidiger, Teil P Rdn 3715).
Rdn 5323
2. Hinweise für den Verteidiger!
Rdn 5324
Im Zusammenhang mit der Zahl der (Wahl-)Verteidiger muss Folgendes beachtet werden:
a) Wird eine Anwaltssozietät mit der Verteidigung beauftragt, sind deren Mitglieder Verteidiger (BVerfG NJW 1977, 99), die Zahl darf daher drei nicht überschreiten (KK/Willnow, § 137 Rn 3 m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 137 Rn 6). Daher sollte, wenn eine Vollmacht vorgelegt wird, durch Streichung von Namen oder auf andere Weise deutlich gemacht werden, wer den Beschuldigten verteidigt und dass die Zahl der Verteidiger drei nicht übersteigt.
☆ Dass die Vollmacht nicht erkennbar auf höchstens drei Mitglieder der Sozietät beschränkt ist, beweist allein aber nicht, dass alle Mitglieder der Sozietät den Beschuldigten verteidigen (BVerfG, a.a.O.; BGHSt 27, 124; OLG Karlsruhe VRS 105, 348).Vollmacht nicht erkennbar auf höchstens drei Mitglieder der Sozietät beschränkt ist, beweist allein aber nicht, dass alle Mitglieder der Sozietät den Beschuldigten verteidigen (BVerfG, a.a.O.; BGHSt 27, 124; OLG Karlsruhe VRS 105, 348).
Rdn 5325
Entsprechendes gilt bei Beauftragung einer Berufsausübungsgesellschaft/Rechtsanwalts-GmbH (dazu LG Bonn AnwBl 2002, 727; → Verteidiger, Begriff, Teil V Rdn 5117). Diese kann zwar nach § 59l Abs. 4 BRAO grds. als Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden, nach § 59l Abs. 3 BRAO jedoch nicht als Verteidiger. Daher muss, da Verteidiger i.S.d. §§ 137 ff. die für die Gesellschaft handelnde Person ist, wenn für die Gesellschaft mehr als drei Rechtsanwälte auftreten, um eine Kollision mit § 146 zu vermeiden, die (Strafprozess-)Vollmacht auf die zur Vertretung nach außen berechtigten Personen beschränkt bzw. persönlich ausgestellt werden ([zum alten Recht] LG Bonn, a.a.O.).
Rdn 5326
b) Übersteigt die Zahl der (Wahl-)Verteidiger die zulässige Höchstzahl, müssen die überzähligen Verteidiger zurückgewiesen werden (→ Verteidiger, Zurückweisung des Verteidigers, Teil V Rdn 5328). Um sich insofern Unannehmlichkeiten zu ersparen, sollte der Verteidiger daher vor Übernahme des Mandats den Mandanten fragen, ob er bereits anderen Verteidigern Vollmacht erteilt hat. Ggf. wird er dann mit diesem Verbindung aufnehmen (müssen) und klären, wer den Mandanten weiter verteidigen soll (→ Verteidiger, Übernahme des Mandats, Teil V Rdn 5237).
Rdn 5327
c) Nach § 137 Abs. 2 hat der gesetzliche Vertreter ein eigenes selbstständiges Recht auf Wahl eines Verteidigers für den Beschuldigten (wegen der Einzelh. Meyer-Goßner/Schmitt, § 137 Rn 8 m.w.N.). Bei der Verteidigerwahl gilt § 137 Abs. 1 S. 2 entsprechend. Das bedeutet aber nicht, dass der gesetzliche Vertreter ebenso wie der Beschuldigte auch drei Verteidiger wählen darf (a.A. unter Hinw. auf die Gesetzesmaterialien LR-Jahn, § 137 Rn 76 f.). Vielmehr ist § 137 Abs. 2 S. 2 dahin auszulegen, dass von Seiten des Beschuldigten insgesamt nur drei Verteidiger gewählt werden dürfen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 137 Rn 10 m.w.N. zur a.A.). Dabei wird aber der Beschuldigte immer das Recht haben, mindestens einen Verteidiger seines Vertrauens selbst zu wählen (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.; KK/Willnow, § 137 Rn 5).
Siehe auch: → Pflichtverteidiger, Allgemeines, Teil P Rdn 3419, m.w.N.; → Verteidiger, Allgemeines, Teil V Rdn 5049, m.w.N.; → Verteidiger, Mehrfachverteidigung, Teil V Rdn 5173.