Detlef Burhoff, Annika Hirsch
Rdn 3906
Rdn 3907
1. Der Verteidiger hat grds. nur die Stellung eines Beistandes des Angeklagten, er ist nicht dessen Vertreter (allgemein zur Stellung des Verteidigers Burhoff, EV, Rn 5217 u. 5274). Der Verteidiger kann jedoch den Angeklagten gem. § 234, wenn befugt in Abwesenheit des Angeklagten verhandelt wird, vertreten (→ Anwesenheitspflicht des Angeklagten, Teil A Rdn 420; → Ausbleiben des Angeklagten in der Hauptverhandlung, Teil A Rdn 460; → Bußgeldverfahren, Besonderheiten, Anwesenheit des Betroffenen, Teil B Rdn 1543; → Entbindung des Angeklagten vom Erscheinen in der Hauptverhandlung, Teil E Rdn 1773; → Verhandlung ohne den Angeklagten, Teil V Rdn 3453; → Verhandlungsfähigkeit, selbst herbeigeführte Verhandlungsunfähigkeit, Teil V Rdn 3491; zur nach § 411 Abs. 2 zulässigen Vertretung im → Strafbefehlsverfahren, Teil S Rdn 3070). Die Vertretung des anwesenden Angeklagten ist grds. unzulässig (Meyer-Goßner/Schmitt, § 234 Rn 4 m.w.N.; s. aber → Gegenüberstellung von Zeugen, Teil G Rdn 2026).
Rdn 3908
2. Voraussetzung für eine wirksame Vertretung des Angeklagten ist das Vorliegen/der Nachweis einer (besonderen schriftlichen) Vertretungsvollmacht (u.a. KG StRR 2014, 38; OLG Bamberg NJW 2007, 1477 [Ls.]; VRR 2011, 472; OLG Celle DAR 2010, 708; Beschl. v. 18.1.2021 – 2 Ss 119/20, NStZ 2021, 764; OLG Dresden StRR 2013, 26 m. Anm. Reichling; OLG Hamm StraFo 2006, 425; OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 7.12.2020 – 2 Ss-OWi 1347/20, NStZ-RR 2021, 83; Meyer-Lohkamp/Venn StraFo 2009, 265, 268; Dierbach StraFo 2019, 50;), die dem Gericht bei Beginn der HV vorliegen muss (OLG Brandenburg wistra 2012, 43; OLG Koblenz MDR 1972, 801; OLG Köln MDR 1964, 435). Die gewöhnliche Verteidigervollmacht ist nicht ausreichend (u.a. OLG Bamberg NJW 2007, 1477 [Ls.]; OLG Celle, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.), die Vertretungsvollmacht kann aber zusammen mit der Verteidigervollmacht erteilt werden (BGHSt 9, 356). Aus dieser Vollmacht muss klar hervorgehen, dass der Verteidiger zur Vertretung des Angeklagten befugt ist. Nicht erforderlich ist eine Vollmacht "zur Vertretung des Angeklagten" in dessen Abwesenheit (BGH, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 234 Rn 5 m.w.N.; wegen der Einzelh. → Verteidiger, Vollmacht des Verteidigers, Teil V Rdn 3923 ff.).
☆ Das gilt auch für die Vertretung des Angeklagten durch den Pflichtverteidiger (OLG Brandenburg wistra 2012, 43; OLG Celle NStZ 2013, 615; Beschl. v. 18.1.2021 – 2 Ss 119/20, NStZ 2021, 764; OLG Düsseldorf StV 2013, 299; OLG Hamm StV 1997, 404 [Ls.]; StRR 2012, 463 [für § 329]; zfs 2014, 470; OLG Köln, Beschl. v. 12.6.2018 – 1 RVs 107/18, StraFo 2019, 21 m. Anm. Burhoff StRR 1/2019, 18; OLG München VRR 2010, 393). Nach der obergerichtlichen Rspr. erlischt eine dem Rechtsanwalt als Wahlanwalt erteilte Vertretungsvollmacht durch die spätere Beiordnung als Pflichtverteidiger (z.B. BGH NStZ 1991, 94; BayObLG, Beschl. v. 9.10.2020 – 202 StRR 94/20; OLG Celle, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Jena, Beschl. v. 28.7.16 – 1 Ss 42/16, StraFo 2016, 416; OLG Köln, a.a.O.; Beschl. v. 12.6.2018 – 1 RVs 107/18, StraFo 2019, 21, und OLG München jew. a.a.O.). Dem wird man entgegenhalten können, dass Verteidigungs- und Vertretungsvollmacht zu trennen/unterscheiden sind.auch für die Vertretung des Angeklagten durch den Pflichtverteidiger (OLG Brandenburg wistra 2012, 43; OLG Celle NStZ 2013, 615; Beschl. v. 18.1.2021 – 2 Ss 119/20, NStZ 2021, 764; OLG Düsseldorf StV 2013, 299; OLG Hamm StV 1997, 404 [Ls.]; StRR 2012, 463 [für § 329]; zfs 2014, 470; OLG Köln, Beschl. v. 12.6.2018 – 1 RVs 107/18, StraFo 2019, 21 m. Anm. Burhoff StRR 1/2019, 18; OLG München VRR 2010, 393). Nach der obergerichtlichen Rspr. erlischt eine dem Rechtsanwalt als Wahlanwalt erteilte Vertretungsvollmacht durch die spätere Beiordnung als Pflichtverteidiger (z.B. BGH NStZ 1991, 94; BayObLG, Beschl. v. 9.10.2020 – 202 StRR 94/20; OLG Celle, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Jena, Beschl. v. 28.7.16 – 1 Ss 42/16, StraFo 2016, 416; OLG Köln, a.a.O.; Beschl. v. 12.6.2018 – 1 RVs 107/18, StraFo 2019, 21, und OLG München jew. a.a.O.). Dem wird man entgegenhalten können, dass Verteidigungs- und Vertretungsvollmacht zu trennen/unterscheiden sind.
Wegen des Hin und Her in der Rspr. im Hinblick auf eine Vertretungsvollmacht sollte sich der Verteidiger zusätzlich zur "normalen" Vollmacht eine weitere Vertretungsvollmacht unterzeichnen lassen, die allein die Vertretung regelt und die sich ausdrücklich auf die jeweilige Verhandlung bezieht.
Rdn 3909
b) Die (Vertretungs-)Vollmacht muss/sollte grds. schriftlich vorliegen. Nur wenn das Gericht aus anderen schriftlichen Erklärungen des Angeklagten sicher die Vertretungsvollmacht feststellen kann, bedarf es der Schriftform nicht (u.a. OLG ...