Detlef Burhoff, Annika Hirsch
Rdn 4095
Literaturhinweise:
Geppert, Der Augenscheinsbeweis, Jura 1996, 307
Gerst, Vorhalt und § 253 StPO, StraFo 2018, 273
Kirchmann/Petzold, Der Umgang mit dem Vorhalt – oder: Strafverteidigung bei Vorhalten, StRR 2013, 444
Sommer, Fragen an den Zeugen – Vorhalte an das Recht – Rechtliche Baustellen auf dem Weg zur Konturierung eines Fragerechts, StraFo 2010, 102
s.a. die Hinw. bei → Vernehmung einer Verhörsperson, Teil V Rdn 3788, und bei → Vorhalt aus und von Urkunden, Teil V Rdn 4102.
Rdn 4096
1. Hat ein Zeuge Schwierigkeiten, sich zu erinnern, oder hat er sich in Widersprüche verwickelt, können ihm eine frühere Vernehmung oder die Vernehmungen anderer Zeugen vorgehalten werden; auch der Vorhalt einer Bild-Ton-Aufzeichnung ist zulässig (BGHSt 52, 148). Der Vorhalt ist aber (nur) ein Vernehmungsbehelf, um das alleinige Beweismittel des Zeugen in der HV vollständig ausschöpfen zu können (BGH NStZ 2000, 427; OLG Karlsruhe StV 2007, 630; Sommer StraFo 2010, 102). Wird dem Zeugen eine Urkunde vorgehalten, betrifft das allein ihren Inhalt, nicht aber ihr äußeres Erscheinungsbild (BGH NStZ-RR 2017, 74 für den äußerlichen Vergleich von verschiedenen Personen).
Rdn 4097
2. Für einen Vorhalt ist allgemein Folgendes zu beachten: Beweismittel bleibt der Zeuge, nur die Antwort des Zeugen auf den Vorhalt – nicht der Vorhalt selbst – ist Gegenstand der Beweiswürdigung (OLG Düsseldorf StV 2002, 131; Meyer-Goßner/Schmitt, § 249 Rn 28). Deshalb muss der Verteidiger darauf achten, dass der Vorhalt, den einer der anderen Beteiligten einem Zeugen macht, nicht dazu benutzt wird, den gesamten Akteninhalt vorzutragen. Der Vorhalt darf also nicht zu lang sein und muss thematisch mit dem Vernehmungsgegenstand zusammenhängen (a. Sommer StraFo 2010, 102).
☆ Einen zu langen Vorhalt muss der Verteidiger unterbrechen, beanstanden und gem. § 238 Abs. 2 einen Gerichtsbeschluss herbeiführen.beanstanden und gem. § 238 Abs. 2 einen Gerichtsbeschluss herbeiführen.
Nach einem Vorhalt muss sich der Verteidiger überlegen, ob er ggf. die Befragung des Zeugen fortsetzt, um abzuklären, wie sich der Zeuge aufgrund des Vorhalts erinnert. Hat der Zeuge auf den Vorhalt geantwortet "Ja, das stimmt so", sagt das über seine Erinnerung noch nichts aus. Das kann nämlich sowohl bedeuten, dass sich der Zeuge tatsächlich an das – vorgehaltene – Geschehnis erinnert, als auch, dass er sich lediglich erinnert, das Vorgehaltene so ausgesagt zu haben. Nur im ersten Fall ist eine für das Urteil bedeutsame Erinnerungsleistung des Zeugen gegeben, im zweiten Fall ist der Vorhalt gescheitert.
Siehe auch: → Vorhalt aus und von Tonbandaufnahmen, Teil V Rdn 4098; → Vorhalt aus und von Urkunden, Teil V Rdn 4102; → Zeuge, Vernehmung, Allgemeines, Teil Z Rdn 4256 m.w.N.