Das Wichtigste in Kürze:

1. Das Verwarnungsverfahren nach §§ 56 ff. ist ein Vorschaltverfahren eigener Art, das auf schnelle, einfache und kostenfreie Verfahrenserledigung angelegt ist.
2. Ein Bußgeldbescheid kann nicht ergehen, soweit der Vorwurf mit dem der Verwarnung tatsächlich und rechtlich identisch ist (§ 56 Abs. 4).
3. Eine Anfechtung der Verwarnung durch den Betroffenen ist nur eingeschränkt möglich.
 

Rdn 4024

 

Literaturhinweise:

Bode, Das Verwarnungsverfahren, DAR 1969, 57

ders., Gerichtlicher Rechtsschutz gegen die Verwarnung ohne Verwarnungsgeld?, DAR 1986, 369

Burhoff, Anwaltsvergütung für die Verteidigung im bußgeldrechtlichen Verwarnungsverfahren nach §§ 56 ff. OWiG, RVGreport 2016, 362

Fromm, Zahlung der Geldbuße im Ordnungswidrigkeitenverfahren als Einspruchsverzicht/-rücknahme?, VRR 2010, 132

Krumm, Verwarnung im Bußgeldverfahren: Voraussetzungen, Durchführung, Folgen, SVR 2014, 449

ders., Grundlagen der straßenverkehrsrechtlichen Verwarnung und des Verwarnungsverfahrens, NJ 2018, 144

Müller, "Knöllchen" als notwendiger Prüfungsgegenstand der Verwarnung ohne Verwarnungsgeld, NZV 2021, 177

Pohl-Sichtermann/Demuth, Rechtsschutz gegen verwaltungsbehördliche Verwarnungen, MDR 1971, 345

Volpert, Die Verteidigervergütung im straßenverkehrsrechtlichen Verwarnungsverfahren gem. §§ 56 ff. OWiG, VRR 2006, 213

Wetekamp, Rechtsfragen der Verwarnung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, DAR 1986, 75

Wolf/Harr, Zur Wirksamkeit und Bindungswirkung des "Verwarnungsgeldangebots" nach § 56 OWiG, JR 1991, 273.

 

Rdn 4025

1. Das Verwarnungsverfahren nach den §§ 56 ff. ist ein Vorschaltverfahren eigener Art, dessen Durchführung zu einer schnellen und einfachen Verfahrenserledigung durch die Vermeidung des förmlichen Bußgeldverfahrens gem. §§ 35 ff. zugunsten des Betroffenen und der Verfolgungsbehörden führen soll (OLG Hamm NJW 1971, 818; Fromm VRR 2010, 135). Ein weiterer Vorteil für den Betroffenen liegt darin, dass Kosten (Gebühren und Auslagen) nach § 56 Abs. 3 S. 2 nicht erhoben werden. Die Verwaltungsbehörde oder nach den §§ 57, 58 ermächtigte Personen (nicht das Gericht!) können den Betroffenen nach einer geringfügigen OWi verwarnen und ein Verwarnungsgeld im eintragungsfreien Bereich (vgl. § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG) von 5,00–55,00 EUR erheben (zur geringfügigen OWi OLG Hamm, Beschl. v. 10.7.2019 – III-3 RBs 82/19, DAR 2020, 214 m. Anm. Krumm = zfs 2020, 230 = VRR 12/2019, 15 [Deutscher]). Auch eine Verwarnung ohne Verwarnungsgeld ist möglich (hierzu Müller NZV 2021 177). Die Verwarnung mit Verwarnungsgeld ist nach § 56 Abs. 2 nur wirksam, wenn der Betroffene über sein Weigerungsrecht belehrt wurde, sein Einverständnis hiermit erklärt und das Verwarnungsgeld entweder sofort oder innerhalb einer Frist zahlt, die 1 Woche betragen soll. Die wirksame Verwarnung führt dazu, dass die Tat nicht mehr unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verfolgt werden kann, unter denen die Verwarnung erteilt worden ist (§ 56 Abs. 4).

 

☆ Aus Wesen und Zielsetzung des Verwarnungsverfahrens folgt, dass Gerichte und Verteidiger nur selten mit einschlägigen Fragen beschäftigt werden (zur Verteidigervergütung eingehend Volpert VRR 2006, 213; Burhoff RVGreport 2016, 362; Burhoff/Volpert/ Volpert , RVG, Teil A Rn 2561). Die nachfolgenden Ausführungen geben daher nur einen Überblick. Wegen weiterer Einzelh. wird auf die Kommentierungen von Göhler/Gürtler/Thoma , Krenberger/Krumm ; BeckOK OWiG/Straßer und Hentschel/König/Dauer/König (dort § 26a StVG Rn 8 ff.) zu § 56 verwiesen.Gerichte und Verteidiger nur selten mit einschlägigen Fragen beschäftigt werden (zur Verteidigervergütung eingehend Volpert VRR 2006, 213; Burhoff RVGreport 2016, 362; Burhoff/Volpert/Volpert, RVG, Teil A Rn 2561). Die nachfolgenden Ausführungen geben daher nur einen Überblick. Wegen weiterer Einzelh. wird auf die Kommentierungen von Göhler/Gürtler/Thoma, Krenberger/Krumm; BeckOK OWiG/Straßer und Hentschel/König/Dauer/König (dort § 26a StVG Rn 8 ff.) zu § 56 verwiesen.

Hier sind nur zwei Fragenkomplexe von praktischer Bedeutung, nämlich die Reichweite und Voraussetzungen des Verfolgungshindernisses in § 56 Abs. 4 (dazu Rdn 4026 ff.) und die Möglichkeit zur Anfechtung der Verwarnung mit Verwarnungsgeld (dazu Rdn 4034 ff.).

 

Rdn 4026

2.a) Die wirksame (BayObLG NZV 1999, 258) Verwarnung mit Verwarnungsgeld löst nach § 56 Abs. 4 ein Verfolgungshindernis eigener Art aus, da hier der Grundsatz "ne bis in idem" mangels rechtskräftiger Entscheidung an sich nicht eingreift (→ Rechtskraft der bußgeldrechtlichen Entscheidung, Rdn 3199).

 

☆ Ergeht entgegen § 56 Abs. 4 gleichwohl ein Bußgeldbescheid, muss das Verfahren wegen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses in der HV nach § 71 Abs. 1 i.V.m. § 260 Abs. 3 StPO durch Prozessurteil, außerhalb der HV im gerichtlichen Verfahren durch Beschluss nach § 71 Abs. 1 i.V.m. § 206a StPO eingestellt werden.eingestellt werden.

 

Rdn 4027

b) Eine weitere Verfolgung unter strafrechtlichen Gesichtspunkten ist stets möglich (Göhler/Gürtler/Thoma, ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge