Rz. 413

Neben der ausdrücklichen Regelung der Unmittelbarkeit in Bezug auf Dachverbände (§ 57 Abs. 2 AO) nimmt das Gesetz weitere Fälle ausdrücklich vom Grundsatz der Unmittelbarkeit aus.[578] Neben der teilweisen Überlassung von Mitteln (§ 58 Nr. 2 AO), Arbeitskräften (§ 58 Nr. 3 AO ab. 1.1.2014: § 58 Nr. 4 AO n. F.) und Räumen (§ 58 Nr. 4 AO; ab 1.1.2014: § 58 Nr. 5 AO n. F.) als zulässige steuerunschädliche Nebentätigkeiten spielt vor allem die Tätigkeit sog. Mittelbeschaffungskörperschaften (§ 58 Nr. 1 AO) als Ausnahme vom Unmittelbarkeitsgrundsatz eine Rolle.[579]

 
Hinweis

Neue Rechtslage ab 1.1.2014

Zusätzlich dürfen gemeinnützige Körperschaften ab 1.1.2014 ihre Einkünfte teilweise einer anderen gemeinnützigen Körperschaft mit dem gleichen gemeinnützigen Zweck zur Vermögensausstattung zuwenden (§ 58 Nr. 3 AO n. F.).[580]

 

Rz. 414

Die Zuwendung muss in diesen Fällen zu steuerbegünstigten Zwecken erfolgen und es muss durch entsprechende Auflagen ggf. sichergestellt werden, dass die Zuwendung nicht zweckwidrig verwendet wird. Bei zweckwidriger Mittelverwendung muss diese grundsätzlich zurückverlangt werden. Die Rückforderung erfolgt regelmäßig aufgrund der zivilrechtlich gemachten Mittelauflage.[581]

 
Praxis-Beispiel

Personalüberlassung

Eine Stiftung überlässt einem gemeinnützigen Verein Personal, das den Verein im Rahmen einer Bildungsveranstaltung unterstützt. Dies ist gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig im Rahmen des § 58 Nr. 3 AO (ab 1.1.2014: § 58 Nr. 4 AO n. F.).

 

Rz. 415

Mittelbeschaffungskörperschaften

Sogenannte Fördervereine und Spendensammelstiftungen können als steuerbegünstigte Körperschaften anerkannt werden, wenn die ausschließliche Mittelbeschaffung für gemeinnützige Tätigkeiten anderer Körperschaften ausdrücklich in der Satzung verankert ist.[582] Die namentliche Nennung der Empfängerkörperschaft ist dabei nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn der Zweck, für dessen Verwirklichung die Mittel beschafft werden, angegeben wird. Allerdings darf die Förderkörperschaft ihre Mittel erst nach einer entsprechenden Änderung ihrer Satzung an eine andere Körperschaft weitergeben, falls eine Empfängerkörperschaft ausdrücklich namentlich genannt wird.

 

Rz. 416

Sofern die Empfängerkörperschaft der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, muss sie selbst steuerbegünstigt sein (vgl. § 58 Nr. 1 AO a. E.).[583] Die steuerbegünstigte Mittelbeschaffung für ausländische, also beschränkt steuerpflichtige bzw. nicht steuerpflichtige Körperschaften zur Verwendung für gemeinnützige Zwecke wird aber nicht ausgeschlossen.[584]

 

Rz. 417

Die Mittelverwendung für die steuerbegünstigten Zwecke muss ausreichend nachgewiesen werden, soweit es sich um eine ausländische, nicht steuerbegünstigte Körperschaft handelt.[585] Die ausländische Empfängerkörperschaft muss einer Körperschaft im Sinne des KStG entsprechen. Dazu zählen auch Personenvereinigungen oder Vermögensmassen ohne Rechtspersönlichkeit (im angloamerikanischen Ausland z. B. der charitable trust). Zur Prüfung ist ggf. deren Satzung, falls nötig in deutscher Übersetzung, heranzuziehen.[586] An die Nachweise einer Mittelverwendung für steuerbegünstigte Zwecke werden im Fall einer ausländischen Körperschaft erhöhte Anforderungen gestellt.[587]

 

Rz. 418

Eine Verschärfung erfuhr die Steuervergünstigung für reine Mittelbeschaffungskörperschaften jüngst in einem Urteil des Hessischen Finanzgerichts.[588] Nach Auffassung des Gerichts kann die Steuervergünstigung des § 58 Nr. 1 AO nicht gewährt werden, wenn zwar Mittel ausschließlich an eine steuerbegünstigte Körperschaft weitergegeben werden, die satzungsmäßigen Zwecke der Mittelbeschaffungskörperschaft aber nicht zumindest teilweise deckungsgleich mit den satzungsmäßigen Zwecken der geförderten Körperschaft sind, die Mittelbeschaffungskörperschaft also nicht zumindest teilweise auch eigene Satzungszwecke verwirklicht.[589] Regelungssystematik und Wortlaut des § 58 Nr. 1 AO erforderten eine enge Auslegung. Anderenfalls würde der eigene Satzungs- oder Gesellschaftszweck für die Gemeinnützigkeit reiner Fördergesellschaften keine Rolle mehr spielen und eine beliebige Weitergabe an andere steuerbegünstigte Körperschaften wäre zulässig.[590]

 
Hinweis

Gemischt mittelbeschaffende und unmittelbar tätige Stiftungen

In der Praxis gibt es viele Stiftungen, die nach ihrer Satzung unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgen, daneben aber auch Mittel nach § 58 Nr. 1 AO beschaffen können. Für diese Körperschaften, die keine reinen Förderkörperschaften sind, dürfte die zitierte Rechtsprechung keine Relevanz haben, solange sie ihre Mittel nur teilweise an inländische Körperschaften mit abweichendem Satzungszwecke weitergeben (§ 58 Nr. 2 AO). Eine Identität der Satzungszwecke wird von der Finanzverwaltung für die teilweise Mittelweitergabe an inländische Körperschaften bisher nicht gefordert.[591] Unmittelbar tätige Stiftungen, die ihre Mittel teilweise an ausländische gemeinnützige Organisationen weitergeben und somit nur auf Grundlage des § 58 Nr. 1 AO hande...

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