Rdn 4808

 

Literaturhinweise:

Beulke, Der Verteidiger im Strafverfahren – Funktion und Rechtsstellung, 1980

Beulke/Ruhmannseder, Die Strafbarkeit des Verteidigers, 2. Aufl., 2010

Böhm, "Verteidigerfremdes Verhalten" – Neue Wege zur Ausschließung lästiger Strafverteidiger?, NJW 2006, 2371

Burhoff, Der Ausschluss des Verteidigers im Strafverfahren (§§ 138a ff. StPO), StRR 2012, 404

Dahs, Ausschließung und Überwachung des Strafverteidigers – Bilanz und Vorschau, NJW 1975, 1385

ders., Das "Anti-Terroristen-Gesetz" – eine Niederlage des Rechtsstaats, NJW 1976, 2145

Dencker, Die Ausschließung des Pflichtverteidigers, NJW 1979, 2176

Frye, Die Ausschließung des Verteidigers – Ein systematischer Überblick, wistra 2005, 86

Jahn, Kann "Konfliktverteidigung" Strafvereitelung (§ 258 StGB) sein?, ZRP 1998, 103

Kröpil, Zum Begriff des Missbrauchs in den §§ 241 Abs. 1, 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO, JZ 1997, 315

ders., Zum Meinungsstreit über das Bestehen eines allgemeinen strafprozessualen Missbrauchsverbots, JuS 1997, 355

Mehle, "Der Fall Rechtsanwalt W." – eine (kommentierte) Dokumentation zur Ausschließung eines Strafverteidigers, StraFo 1995, 73

Parigger, Die Ausschließung des Strafverteidigers de lege lata – de lege ferenda, in: Festgabe für L. Koch, 1989 S. 199

Remagen-Kemmerling, Der Ausschluß des Strafverteidigers in Theorie und Praxis, 1992

Seelmann, Die Ausschließung des Verteidigers, NJW 1979, 1128.

 

Rdn 4809

1. Der Ausschluss des Verteidigers ist in den §§ 138a – 138d geregelt. Die gesetzliche Regelung, die 1978 in Kraft getreten ist, war zu Anfang sehr umstr. (vgl. die zahlr. Lit.-Hinw. bei Dahs, [5. Aufl.], vor Rn 34; Beulke, S. 223 ff. m.w.N.; Parigger, S. 199 ff. m. zahlr. weit. Nachw.), inzwischen ist die Diskussion aber abgeflacht. Nach Auffassung des BVerfG sind die Vorschriften mit dem GG vereinbar (BVerfG NJW 1975, 2341; zuletzt HRRS 2009, Nr. 299). Einen allgemeinen Überblick über die §§ 138a ff. geben Remagen-Kemmerling, a.a.O., Burhoff StRR 2012, 404 sowie Frye wistra 2005, 86).

 

Rdn 4810

2.a) Die Ausschließung des Verteidigers ist in den §§ 138a ff. abschließend geregelt (Meyer-Goßner/Schmitt, § 138a Rn 1). Andere Verfehlungen als die in § 138a genannten Ausschließungsgründe rechtfertigen, auch wenn sie grob berufswidrig oder sogar strafbar sind, wie z.B. eine Beleidigung oder Bedrohung des Gerichts, den Ausschluss nicht. Das gilt auch, wenn der Verteidiger in der HV als Zeuge vernommen werden soll (Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 48 Rn 18 m.w.N.; LR-Ignor/Bertheau, § 48 Rn 45; Burhoff, HV, Rn 3488 ff.). Wird ein Rechtsanwalt von einem Mitbeschuldigten oder nach Eröffnung des Hauptverfahrens von einem Mitangeklagten als Verteidiger gewählt, wird er zurückgewiesen, und nicht nach den §§ 138a ff. ausgeschlossen (BGH StV 1996 469, für Hauptverfahren). Ein ggf. laufendes Ausschließungsverfahren wird dann i.d.R. gegenstandslos (BGH wistra 2011, 149). Ist der Verteidiger allerdings Mitbeschuldigter, wird er im EV durch Beschluss des OLG ausgeschlossen (OLG Hamm NStZ-RR 2008, 252 m.w.N. zur a.A., wie z.B. OLG Celle NJW 2001, 3564 [durch Beschluss des erkennenden Gerichts zurückgewiesen]; auch BGH wistra 2000, 311 und Beschl. v. 18.4.2020 – 2 ARs 542/17, StV 2020, 147).

 

Rdn 4811

b) Ausgeschlossen werden können alle Verteidiger i.S.d. § 138 Abs. 1 (→ Verteidiger, Begriff, Teil V Rdn 4863), sowie die nach § 138 Abs. 2 zugelassenen. § 138a Abs. 1 gilt auch für den Pflichtverteidiger (BGHSt 42, 94; OLG Bamberg OLGSt StPO § 138c Nr. 3; OLG Zweibrücken OLGSt StPO § 138a Nr. 10; Meyer-Goßner/Schmitt, § 138a Rn 3 m.w.N; Dahs, Rn 42), die mit Zustimmung des Beschuldigten unterbevollmächtigten Verteidiger sowie schließlich ebenfalls für die nach § 392 Abs. 1 AO zu Verteidigern gewählten Angehörigen steuerberatender Berufe (OLG Karlsruhe NJW 1975, 943; → Verteidiger, Mitarbeit von Dritten bei der Verteidigung, Teil V Rdn 4944). Ein Zeugenbeistand wird nicht nach den §§ 138a ff. ausgeschlossen; für ihn gilt § 68b Abs. 1 S. 3, 4 (→ Vernehmungsbeistand, Teil V Rdn 4771).

 

☆ Der Verteidiger muss sich immer überlegen , ob er es auf ein Ausschlussverfahren ankommen lässt. Im Zweifel wird er sich – schon im Interesse des Mandanten für die freiwillige → Verteidiger , Niederlegung des Mandats , Teil V Rdn  4952 , entscheiden (müssen) (so auch Dahs , Rn 43).überlegen, ob er es auf ein Ausschlussverfahren "ankommen" lässt. Im Zweifel wird er sich – schon im Interesse des Mandanten für die freiwillige → Verteidiger, Niederlegung des Mandats, Teil V Rdn 4952, entscheiden (müssen) (so auch Dahs, Rn 43).

Siehe auch: → Verteidiger, Ausschluss, Aufhebung, Teil V Rdn 4812; → Verteidiger, Ausschluss, Ausschließungsgründe, Teil V Rdn 4819; → Verteidiger, Ausschluss, Grad des Verdachts, Teil V Rdn 4831; → Verteidiger, Ausschluss, Rechtsmittel, Teil V Rdn 4836; → Verteidiger, Ausschluss, Verfahren, Teil V Rdn 4841; → Verteidiger, Ausschluss, Wirkung, Teil V Rdn 4857.

[Autor] Burhoff

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