Leitsatz
Der Versicherungsfall Vandalismus nach einem Einbruch setzt nicht voraus, dass ein Diebstahl begangen oder versucht worden oder der Einbruch in Diebstahlsabsicht erfolgt ist.
Normenkette
§ 1 Nr. 1d AERB 87,§ 1 Nr. 2a AERB 87u.§ 1 Nr. 6 AERB 87
Sachverhalt
Die Kl., die einen Großhandel betrieb, hatte bei dem bekl. VVaG eine Einbruchdiebstahlversicherung einschließlich der Gefahren Vandalismus und Raub abgeschlossen. Sie verlangte vom Bekl. Ersatz wegen eines durch Vandalismus entstandenen Schadens, dessen Größenordnung bei etwa einer Million DM liege.
Der Bekl. bestritt einen Einbruch; zudem liege hier ein nicht versicherter Vandalismusschaden vor, da allenfalls nahezu wertlose Sachen entwendet worden seien und die Täter demgemäß von vornherein nur das Ziel der Zerstörung verfolgt hätten.
Die auf eine Abschlagszahlung von 65.000 DM gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die Revision der Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Entscheidung
1. Im rechtlichen Ausgangspunkt habe das Berufungsgericht (BG) - so der BGH - zutreffend angenommen, dass der geltendgemachte Vandalismusschaden unter den vereinbarten Versicherungsschutz falle. Das ergebe sich aus folgenden Bestimmungen der dem Vertrag zugrunde liegenden AERB 95 (insoweit übereinstimmend mit den AERB 87 Fassung 1994):
§ 1 Versicherte Gefahren und Schäden
1. Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch
- Einbruchdiebstahl,
- Raub innerhalb eines Gebäudes oder Grundstückes,
- Raub auf Transportwegen,
- Vandalismus nach einem Einbruch oder durch den Versuch einer solchen Tat abhanden kommen, zerstört oder beschädigt werden.
Jede der in a bis d genannten Gefahren ist nur versichert, wenn dies vereinbart ist, Vandalismus nach einem Einbruch jedoch nur in Verbindung mit Einbruchdiebstahl.
2. Einbruchdiebstahl liegt vor, wenn der Dieb
a) in einen Raum eines Gebäudes einbricht, …
6. Vandalismus nach einem Einbruch liegt vor, wenn der Täter auf eine der in Nr. 2a, 2e oder 2f bezeichneten Arten in den Versicherungsort eindringt und versicherte Sachen vorsätzlich zerstört oder beschädigt.
Nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, auf das es bei der Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen ankomme, sei der Klausel in § 1 Nr. 1 AERB 95 zu entnehmen, dass es sich bei den dort unter a bis d aufgeführten Sachverhalten um jeweils eigenständige Gefahren handele, die gesondert versichert werden müssten. Dabei könne das Risiko Vandalismus nach einem Einbruch allerdings, wie das BG zutreffend gesehen habe, nicht isoliert, sondern nur versichert werden, wenn auch das Risiko Einbruchdiebstahl versichert werde. Damit werde die Versicherbarkeit des Risikos Vandalismus nach einem Einbruch lediglich auf der Ebene der vertraglichen Vereinbarung des Risikos Einbruchdiebstahl gebunden. Aus § 1 Nr. 1 S. 2 AERB 95 könne dagegen nicht entnommen werden, dass der Versicherungsfall Vandalismus nach einem Einbruch in tatsächlicher Hinsicht voraussetze, dass neben dem durch Vandalismus verursachten Schaden außerdem ein Einbruchdiebstahl begangen oder verursacht worden ist oder der Einbruch in Diebstahlsabsicht erfolgt sein muss. Diese Auslegung werde durch die Definition des Versicherungsfalls in § 1 Nr. 6 AERB 95 bestätigt. Sein Eintritt hänge danach allein davon ab, dass der Täter in bestimmter Weise in den Versicherungsort eingedrungen ist und versicherte Sachen vorsätzlich zerstört oder beschädigt hat.
2. Das BG habe im Ansatz auch richtig erkannt, dass der Kl. für den Nachweis von Vandalismus nach einem Einbruch Beweiserleichterungen zugute kommen. Da vorsätzliche Sachbeschädigungen hier unstreitig seien, müsse die Kl. nur das äußere Bild eines Einbruchs beweisen, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen Einbruch zulassen.
Das BG habe die Kl. aber nicht ohne Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens für beweisfällig halten dürfen.
a) Haben beide Parteien zu einer streitigen Tatsachenfrage, deren Beantwortung spezielle Sachkunde voraussetze, Privatgutachten kompetenter Sachverständiger vorgelegt, so dürfe der Tatrichter, der über keine eigene Sachkunde verfüge, nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich nicht ohne Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens dem einen Privatgutachten zulasten des anderen den Vorzug geben.
b) Diesen Grundsatz habe das BG nicht beachtet. Die beiden Privatgutachten kämen in der Beweisfrage zu entgegengesetzten Ergebnissen. Es sei nicht ersichtlich, dass der von der Kl. eingeschaltete Sachverständige R. weniger kompetent wäre als der vom Bekl. beauftragte Sachverständige E. Das BG sage dies auch nicht. Es gebe dem Gutachten E. vielmehr deshalb den Vorzug, weil der Sachverständige R., dem das Aufhebeln des Fensters und das Eindringen in das Gebäude gelungen sei, andere Verhältnisse als die vorgefunden habe, die nach der Tat gegeben gewesen seien und der ...