Tina Bieniek, Dr. iur. Stefan Lammel
Zusammenfassung
Bei der Gestaltung von Vorstandsdienstverträgen besteht mit Blick auf die Regelungen zur Vorstandsvergütung eine große Gestaltungsfreiheit. Insbesondere können umfassende Freiwilligkeitsvorbehalte selbst dann vereinbart werden, wenn es sich beim Dienstvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.
Hintergrund: Vereinbarung von Sonderleistungen im Vorstandsdienstvertrag
Bei einer Aktiengesellschaft war der Kläger zunächst als Arbeitnehmer angestellt. Später wurde er zum Vorstand der Gesellschaft bestellt und hierfür ein Vorstandsdienstvertrag mit ihm abgeschlossen. Sowohl der ursprüngliche Arbeitsvertrag als auch der Vorstandsdienstvertrag sahen neben einem Festgehalt die Möglichkeit zur Zahlung eines Bonus / von Sonderleistungen vor. Der Vorstandsdienstvertrag stellte dabei ausdrücklich klar, dass die Sonderleistungen, über die der Aufsichtsrat zu beschließen hatte, in jedem Fall freiwillig seien und auf ihre Zahlung kein Rechtsanspruch bestehe.
Der Kläger erhielt sowohl während seiner Zeit als Arbeitnehmer der Gesellschaft als auch als Vorstand in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren Bonuszahlungen. 2011 kündigte der Kläger jedoch sein Dienstverhältnis mit der Beklagten und legte sein Vorstandsamt nieder. Anschließend klagte er gegen die Gesellschaft auf Zahlung eines Bonus für das Jahr 2011 und hatte damit zunächst teilweise Erfolg.
Das Urteil des BGH v. 24.9.2019 (II ZR 192/18)
Die Revision der Gesellschaft gegen das vorangegangene Berufungsurteil war erfolgreich: die Zahlungsklage des Klägers wurde vollständig abgewiesen. Der BGH sah dabei den Vorstandsdienstvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingungen an. Er kam jedoch selbst bei Zugrundelegung des danach geltenden strengen Maßstabs für die Wirksamkeit von Vertragsklauseln zu dem Ergebnis, dass der Kläger weder einen Anspruch auf Zahlung eines konkreten Bonus noch einen Anspruch auf eine Entscheidung des Aufsichtsrats darüber habe, ob überhaupt ein Bonus zu zahlen sei. Auch aus der Zahlung von Boni in den vorangegangenen Jahren ließen sich, so der BGH, solche Ansprüche nicht herleiten.
Der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist kein Arbeitnehmer und genießt mit Blick auf seinen Anstellungs- / Dienstvertrag daher häufig auch einen viel geringeren Schutz. Dies führt das Urteil des BGH wieder eindrücklich vor Augen. Denn anders als die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung, die Freiwilligkeitsvorbehalte für zielbezogene Boni in Arbeitsverträgen regelmäßig als unangemessene Benachteiligung und daher als unwirksam einstuft, sind nach dem BGH derartige Vorbehalte in Vorstandsdienstverträgen nicht zu beanstanden. Auch eine betriebliche Übung begründet aus Sicht des BGH keinen Anspruch auf Bonuszahlungen (so wie es in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung der Fall ist), sondern stellt allenfalls eine Auslegungshilfe für den Vorstandsdienstvertrag dar. Dies gilt selbst dann, wenn die vertraglichen Regelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sind und daher einer besonders strengen Wirksamkeitskontrolle unterliegen.
Dies zeigt: Bei der Gestaltung von Vorstandsdienstverträgen besteht nach wie vor eine große Gestaltungsfreiheit auch bei den Vergütungsregeln. So kann beispielsweise die Zahlung eines Bonus für den Vorstand in das Ermessen des Aufsichtsrats gestellt und insofern ein umfassender Freiwilligkeitsvorbehalt wirksam vereinbart werden. Und dies selbst dann, wenn es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Anders herum sollte nicht vergessen werden, dass bei Verträgen mit Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften andere Punkte weniger flexibel sind (z.B. die Regelungen zur ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses). Es empfiehlt sich daher für die Gesellschaft wie für das Vorstandsmitglied selbst, bei der Gestaltung von Vorstandsdienstverträgen einige Sorgfalt auf die Formulierung des Vertrags und – mit Blick auf das Entstehen einer betrieblichen Übung, die jedenfalls für die Auslegung des Vertrags bedeutsam ist – dessen tatsächliche Umsetzung zu verwenden.
Wenn vor Abschluss des Vorstandsdienstvertrags bereits ein Arbeitsvertrag bestand, sollte auch dieser Umstand bei der Gestaltung unbedingt berücksichtigt werden. Andernfalls kann es zu ungewollten Überraschungen kommen, wenn nach Ende der Vorstandstätigkeit der Arbeitsvertrag wieder auflebt und für diesen plötzlich sehr viel strengere Wirksamkeitsanforderungen gelten als für den bis dahin anwendbaren Vorstandsdienstvertrag. Und schließlich sind die formellen Regelungen zu beachten: Für den Abschluss von Vorstandsdienstverträgen ist gemäß § 112 AktG (allein) der Aufsichtsrat zuständig.