Leitsatz

Eine Veräußerungsbeschränkung gilt auch für die Überlassung und Auflassung des einer Erbengemeinschaft zur gesamten Hand zustehenden Wohnungseigentums an einen der Erben.

 

Normenkette

§ 12 WEG

 

Das Problem

  1. Im Wohnungsgrundbuch sind A, B (Sohn des A) und C (Tochter des A) in Erbengemeinschaft als Eigentümer eines Wohnungseigentums eingetragen. Mit einem Erbauseinandersetzungsvertrag veräußern A, B und C das Wohnungseigentum an C. Gegenüber dem Umtragungsantrag beanstandet das Grundbuchamt, es fehle wegen der in der Wohnungseigentumsanlage geltenden Veräußerungsbeschränkung nach § 12 Abs. 1 WEG eine Zustimmung des Verwalters.
  2. Gegen diese Zwischenverfügung beschwert sich C. Sie weist darauf hin, dass es nach der Gemeinschaftsordnung keiner Zustimmung bedürfe, wenn ein Wohnungseigentum an einen Ehegatten des Veräußerers oder an Personen, die mit ihm in gerader Linie verwandt sind, oder Verwandte 2. Grades in der Seitenlinie veräußert werde.
 

Die Entscheidung

  1. Die Beschwerde hat Erfolg! Das Grundbuchamt gehe allerdings zu Recht davon aus, dass die Veräußerung an C eine Veräußerung im Sinne des § 12 Abs. 1 WEG sei. Unter Veräußerung von Wohnungseigentum im dortigen Sinne sei dessen rechtsgeschäftliche Übertragung unter Lebenden zu verstehen. Hierunter falle auch die Überlassung und Auflassung des der Erbengemeinschaft zur gesamten Hand zustehenden Wohnungseigentums an einen Erben (Hinweis auf BayObLG v. 29.1.1982, BReg 2 Z 50/81, Rpfleger 1982 S. 177, KG v. 1.3.2011, 1 W 57/11, MDR 2011 S. 718 und OLG Karlsruhe v. 25.6.2012, 14 Wx 30/11, ZWE 2012 S. 490).
  2. Die Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentumsanlage kenne allerdings Ausnahmen. Nach der Gemeinschaftsordnung bedürfe es keiner Zustimmung, wenn ein Wohnungseigentum an einen Ehegatten des Veräußerers oder an Personen, die mit ihm in gerader Linie verwandt sind, oder Verwandte 2. Grades in der Seitenlinie veräußert werde. Eben dies sei aber der Fall. Da die Erbengemeinschaft kein eigenes Rechtssubjekt darstelle und nicht rechtsfähig sei (Hinweis auf BGH v. 11.9.2002, XII ZR 187/00, NJW 2002 S. 3389), veräußere nicht diese, sondern die Erben das gemeinschaftliche Vermögen der Erben. C sei Verwandte in gerader Linie (Tochter) des A und als Verwandte 2. Grades in der Seitenlinie (Schwester) des B. Damit liege der Ausnahmefall der Veräußerung an Verwandte bestimmten Grades vor, der keiner Zustimmung bedürfe.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Gemäß § 12 Abs. 1 WEG kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Verfügung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf (Veräußerungsbeschränkung). Soweit eine solche Zustimmung erforderlich ist, ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums schwebend unwirksam, solange die Zustimmung nicht erteilt ist (§ 12 Abs. 3 Satz 1 WEG). Das Grundbuchamt hat somit von Amts wegen zu prüfen, ob zum Vollzug einer ein Wohnungseigentum betreffenden Auflassung eine solche Zustimmung erforderlich ist (§ 20 GBO) und – wenn dies der Fall ist – auf deren Vorlage durch Zwischenverfügung hinzuwirken.
  2. Das Zustimmungserfordernis beschränkt den betroffenen Wohnungseigentümer in seiner Verfügungsbefugnis und stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 137 Satz 1 BGB dar, wonach die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht üblicherweise nicht eingeschränkt werden kann. Als rechtlich zulässige Ausnahme von diesem Grundsatz ist die vereinbarte Verfügungsbeschränkung eng und nicht weiter auszulegen, als es Sinn und Zweck erfordert. Der Zweck einer Veräußerungsbeschränkung besteht nach allgemeiner Auffassung darin, die Wohnungseigentümergemeinschaft vor dem Eindringen wirtschaftlich oder persönlich ungeeigneter Erwerber zu schützen. Dies gilt auch bei der Veräußerung an einen unzuverlässigen Erwerber, der bereits Wohnungseigentümer ist, weil dieser mit dem Hinzuerwerb weiteren Wohnungseigentums zusätzliche Lasten- und Kostentragungspflichten übernimmt und erweiterten Einfluss auf die Beschlussfähigkeit und auf Abstimmungsergebnisse gewinnt (siehe BayObLG v. 29.1.1982, BReg 2 Z 50/81, Rpfleger 1982 S. 177, KG v. 1.3.2011, 1 W 57/11, MDR 2011 S. 718 und OLG Karlsruhe v. 25.6.2012, 14 Wx 30/11, ZWE 2012 S. 490).

Was ist für den Verwalter wichtig?

Nach h.M. ist jeder Erbe Wohnungseigentümer im Sinne des Gesetzes (siehe Suilmann in Bärmann, WEG, 13. Aufl. 2015, § 10 Rn. 7; a.A. Hügel/Elzer, WEG, 1. Aufl. 2015, § 10 Rn. 7). Dies hat zur Folge, dass z.B. nicht die "Erbengemeinschaft", sondern die jeweiligen Erben zu einer Versammlung zu laden sind (die Erben haben dort allerdings nur ein unteilbares Stimmrecht). Die Erben sind als Miteigentümer Gesamtschuldner für das Hausgeld.

 

Link zur Entscheidung

OLG Nürnberg, Beschluss vom 31.08.2015, 15 W 788/15

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