1 Leitsatz
Das Grundbuchamt darf bei der Prüfung der zu beachtenden Eintragungsvoraussetzungen – außer im Falle einer bewussten, böswilligen Umgehung des Mitwirkungsrechts eines Wohnungseigentümers – nicht von einer Nichtigkeit der Verwalterbestellung ausgehen.
2 Normenkette
§§ 12 Abs. 1, 23 Abs. 2 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K verkauft sein Wohnungseigentum an ein Ehepaar. Die Kaufvertragsparteien beantragen u. a. die Eigentumsumschreibung. Zum Nachweis der Verwalterbestellung des V legen sie eine Niederschrift einer Versammlung vom September 2016 vor. Anwesend waren 944,59/1.000 Stimmanteile. In der Niederschrift heißt es: "Die Bestellung der Verwaltung endet zum 31.12.2016; durch ein Versehen hat die Verwaltung jedoch keinen TOP zur Verwalterbestellung ab dem 1.1.2017 in die Tagesordnung aufgenommen. Herr … stellt daher den Antrag zur Geschäftsordnung, einen TOP 7 mit der Beschlussformulierung "Beschlussfassung über die Bestellung der Verwaltung ab dem 1. Januar 2017" aufzunehmen. Der Antrag wird per mehrheitlichem Handzeichen angenommen." Unter "TOP 7" wird V sodann mit 944,59/1.000 Stimmanteilen ab dem 1. Januar 2017 erneut zum Verwalter bestellt. Das Grundbuchamt meint, die Verwalterbestellung sei unwirksam. Es sei versäumt worden, die Wahl des Verwalters auf die Tagesordnung zu nehmen. Dagegen wenden sich die Kaufvertragsparteien.
4 Die Entscheidung
Mit Erfolg! Das Grundbuchamt habe zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass die Verwalterbestellung verfahrensfehlerhaft gewesen sei. Die Ergänzung der Tagesordnung während der laufenden Versammlung habe diesen Fehler nicht korrigieren können. Die fehlende Ankündigung der Verwalterbestellung in der Tagesordnung habe aber nicht zur Folge, dass der Bestellungsbeschluss nichtig wäre. Vielmehr führe eine fehlerhafte (oder fehlende) Bezeichnung des Beschlussgegenstands lediglich zu dessen Anfechtbarkeit, weil die Regelung in § 23 Abs. 2 WEG kein zwingendes Recht darstelle. Es liege auch kein Fall vor, in dem wegen einer bewussten Umgehung des Mitwirkungsrechts eines Eigentümers ausnahmsweise Nichtigkeit anzunehmen wäre. Zwar habe den Anwesenden der Versammlung bei der Ergänzung der Tagesordnung bewusst sein müssen, dass der nicht anwesende Eigentümer hierdurch keine Gelegenheit erhalten habe, über seine Teilnahme an der Verwalterbestellung zu entscheiden. Es sei jedoch nichts dafür erkennbar, dass dies in böswilliger Weise geschehen wäre. Vielmehr gehe aus der Niederschrift hervor, dass die Verwalterbestellung versehentlich nicht in die Tagesordnung aufgenommen worden war.
Hinweis
- Der Fall spricht für die Praxis der Verwalter einen wichtigen Punkt an. Anders als dem V im Fall muss nämlich jeder Verwalter im Blick haben und behalten, wann die Bestellungszeit abläuft. Die Wiederbestellung bedarf nach § 26 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 WEG eines erneuten Beschlusses der Wohnungseigentümer, der frühestens 1 Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden kann. Sinn und Zweck von § 26 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 WEG ist es, zu verhindern, dass durch eine baldige Verlängerung der Bestellungszeit der Normzweck des § 26 Abs. 2 Satz 1 WEG unterlaufen wird. Es wäre z. B. gesetzeswidrig, wenn ein Verwalter im 2. Jahr seiner 5-jährigen Bestellungszeit mit Wirkung zum Zeitpunkt des Ablaufs dieser Bestellungszeit erneut auf die Dauer von 5 Jahren bestellt würde. Ein gegen § 26 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 WEG verstoßender Beschluss ist gem. § 134 BGB vollständig nichtig.
- Nach Sinn und Zweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 WEG ist es unproblematisch, eine Person mehr als 1 Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit erneut mit Ablauf der vorhergehenden Bestellungszeit zum Verwalter zu bestellen, wenn mit Erst- und Folgebestellung der Höchstzeitraum von 6 Jahren (§ 26 Abs. 2 Satz 1 WEG + 1 Jahr) nicht überschritten ist. Möglich ist ferner die Bestimmung, eine Person für z. B. 2 Jahre zu bestellen und zugleich unter Beachtung von § 26 Abs. 2 Satz 1 WEG zu beschließen, dass eine Bestellung auch in Folgejahren angeordnet ist.
- Nach § 23 Abs. 2 WEG setzt die Gültigkeit eines Beschlusses voraus, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. Dazu ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Tagesordnungspunkte und die vorgesehenen Beschlüsse so genau bezeichnet sind, dass die Wohnungseigentümer verstehen und überblicken können, was in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert und beschlossen werden soll und welche Auswirkungen der vorgesehene Beschluss insoweit auf die Gemeinschaft und sie selbst hat, wobei regelmäßig eine schlagwortartige Bezeichnung ausreicht. Als Ankündigung für den Wiederbestellungsbeschluss schlage ich insoweit Folgendes vor: "TOP __: Bestellung eines Verwalters für die Zeit vom … bis zum … ." Zu warnen ist hingegen vor folgenden Bezeichnungen "Wahl der xxx" (so bei LG Frankfurt a. M., Urteil v. 27.1.2014, 2/13 T 56/13, ZWE 2014 S. 337) oder "erneute Bestellung der xx ab dem xx.xx.xxxx als Verwalterin" (so bei LG Düsseldorf, Urteil v. 6.6.2014, 25 T 173/14, ZWE 2015 S. 190).
5 Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.10.2020, 3 Wx 182/20