Leitsatz
Die Berufungskläger hatten rechtzeitig Berufung gegen ein Urteil des FamG eingelegt. Am letzten Tag der verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Berufungskläger einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, beantragte Prozesskostenhilfe und kündigt die Klageanträge an, die er nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu stellen beabsichtigte. In einem mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt setzten sich die Berufungskläger in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Die begehrte Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss vom 24.9.2004 durch das Berufungsgericht bewilligt. Es erfolgte mit Datum vom 10.11.2004 ein Hinweis des Berufungsgerichts, wonach bislang weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vorliege. Die Berufungskläger beantragten daraufhin vorsorglich, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren. Dieser Antrag wurde mit Beschluss vom 19.11.2004 zurückgewiesen. Das Berufungsgericht behielt sich vor, die Berufung der Berufungskläger demnächst als unzulässig zu verwerfen. Hiergegen richtete sich die Rechtsbeschwerde der Berufungskläger.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Der BGH hielt die Rechtsbeschwerde für zulässig und auch begründet, weil das Berufungsgericht aus seiner Sicht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt habe.
Die Frist zur Begründung der Berufung wurde gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellte. Der innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" - und nicht etwa als Entwurf einer solchen - bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebenen Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Wiedereinsetzung war nach Auffassung des BGH schon deswegen nicht zu gewähren, weil eine Frist nicht versäumt gewesen sei. Die Berufungsbegründung sei rechtzeitig ordnungsgemäß eingereicht worden.
Bei Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift komme die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur dann in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (BGH, Beschl. v. 10.1.1990 - XII ZB 134/89, FamRZ 1990, 995; Beschl. v. 20.7.2005 - XII ZB 31/05, MDR 2006, 43 = BGHReport 2005, 1468 = FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung von Prozesskostenhilfe" begründet werde (BGH, Beschl. v. 19.5.2004 - XII ZB 25/04, FamRZ 2004, 1553 [1554], m.w.N.).
Dem zunächst zu beurteilenden Schriftsatz war nach Auffassung des BGH eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes bestand nach dortiger Auffassung auch deswegen kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Jedenfalls sei vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (BGH, Beschl. v. 19.5.2004 - XII ZB 25/04, FamRZ 2004, 1553 [1554]; Beschl. v. 20.7.2005 - XII ZB 31/05, MDR 2006, 43 = BGHReport 2005, 1468 = FamRZ 2005, 1537). Die dem Wortlauf des Berufungsantrages vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen" sei eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt werde, welche Anträge demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden sollen.
Der Wiedereinsetzungsantrag war nach Auffassung des BGH damit gegenstandslos.
Deswegen sei ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweise, au...