Leitsatz

Für die Geschäftsführerin einer GmbH, die gewerblich mit der Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums beauftragt ist, kann kein Verdienstausfall für die Wahrnehmung von Terminen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Verbindung mit §§ 20, 22 JVEG im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden.

 

Normenkette

§ 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO; §§ 20, 22 JVEG

 

Das Problem

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verlangt mit ihrem gerichtlichen Kostenausgleichungsantrag (§ 103 ZPO) unter anderem, den Verdienstausfall der Geschäftsführerin G der Verwalterin zu ersetzen. Dieser Verdienstausfall soll sich in Höhe von 569,50 EUR aus 4 Ortsterminen, 1 Mediationstermin und 2 Terminen zur mündlichen Verhandlung ergeben.
  2. Das Landgericht meint, der Verdienstausfall sei nicht zu berücksichtigen. Der Geschäftsführer einer GmbH versäume keine Arbeitszeit, weil die gerichtliche Durchsetzung der unternehmerischen Betätigung diene.
  3. Gegen diesen Beschluss geht K im Wege der sofortigen Beschwerde vor (§ 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Eine Verwalterin sei nicht kraft Gesetzes berufen, Ansprüche einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern gerichtlich geltend zu machen. Die "Situation" sei daher mit dem Geschäftsführer einer GmbH nicht vergleichbar.
 

Die Entscheidung

  1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg! Das Landgericht habe zu Recht G's Verdienstausfall nicht berücksichtigt. Zwar könne einer juristischen Person gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Verbindung mit §§ 20, 22 JVEG eine Entschädigung für Zeitversäumnis zugebilligt werden, wenn das Gericht zu einem Verhandlungstermin das persönliche Erscheinen eines ihrer Organe oder eines sachkundigen Mitarbeiters angeordnet und die Partei eine solche Person zu dem Termin entsandt habe.

    § 20 JVEG. Entschädigung für Zeitversäumnis

    Die Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt 3,50 Euro je Stunde, soweit weder für einen Verdienstausfall noch für Nachteile bei der Haushaltsführung eine Entschädigung zu gewähren ist, es sei denn, dem Zeugen ist durch seine Heranziehung ersichtlich kein Nachteil entstanden.

    § 22 JVEG. Entschädigung für Verdienstausfall

    Zeugen, denen ein Verdienstausfall entsteht, erhalten eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jede Stunde höchstens 21 Euro beträgt. Gefangene, die keinen Verdienstausfall aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis haben, erhalten Ersatz in Höhe der entgangenen Zuwendung der Vollzugsbehörde.

    Die Aufgabe des gesetzlichen Vertreters einer juristischen Person sei es nämlich in erster Linie, die Erzielung des erstrebten Unternehmensgewinns durch entsprechende Betätigung im Rahmen des Gegenstands zu fördern, nicht aber Unternehmensgewinne dadurch zu verdienen, dass ein Prozess geführt werde.

  2. Dieser Grundsatz sei auf einen Verwalter aber nicht zu übertragen. Der maßgebliche Unterschied liege darin, dass es der Verwalter während der Wahrnehmung gerichtlicher Termine nicht versäume, an sich vorrangige Aufgaben zum Nutzen der vertretenen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erfüllen. Es gehöre zu seinen Aufgaben, nach Ermächtigung der Wohnungseigentümer erforderlichenfalls gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG gerichtlich Ansprüche geltend zu machen. Diese Tätigkeit sei mit seiner Vergütung abgegolten.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Eine Partei kann ihre Personalkosten grundsätzlich nicht nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattet verlangen. Bei den Personalkosten handelt es sich um Kosten des allgemeinen Verfahrensaufwands zur Vorbereitung der gerichtlichen Durchsetzung, die als Kosten der eigenen Mühewaltung nicht zu den Verfahrenskosten zählen. Der Verwalter ist Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Seine Kosten sind Personalkosten – und damit grundsätzlich nicht erstattungsfähig.
  2. Eine Ausnahme bildet § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Nach diesem, in Verbindung mit § 22 JVEG, erhalten Parteien, "denen ein Verdienstausfall entsteht", eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst richtet und die für jede Stunde höchstens 17 EUR beträgt. Der Gesetzeswortlaut setzt damit einen tatsächlich entstandenen Verdienstausfall voraus. Tritt ein solcher nicht ein, kommt allerdings eine Zeitversäumnisentschädigung nach § 20 JVEG in Betracht (3,50 EUR je Stunde). Diese billigt der Bundesgerichtshof der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu (BGH v. 7.5.2014, V ZB 102/13, Rn. 7 ff.). Dem Oberlandesgericht war diese Entscheidung offensichtlich leider unbekannt.

Was ist für den Verwalter wichtig?

In der Regel vereinbaren Verwalter eine monatlich anfallende pauschale Grundvergütung für ihre gesetzlichen und gewillkürten Amtspflichten sowie Sondervergütungen für darüber hinausgehende Leistungen. Eine solche Sondervergütung wird mit allgemeiner Billigung unter anderem für den Fall vereinbart, dass der Verwalter für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümer einen Prozess führt (Elzer, NZM 2014, S. 695). Diese Son...

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