Leitsatz
Rechtskräftig geschiedene Eheleute stritten sich um den nachehelichen Unterhalt. Die Klägerin begehrte im Wege der Stufenklage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab 1.3.2005.
Ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Klage wurde mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen unter Hinweis darauf, dass die Parteien nacheheliche Unterhaltsansprüche in einer am 1.8.2002 getroffenen Vereinbarung ausgeschlossen hätten.
Gegen den ablehnenden PKH-Beschluss legte die Klägerin sofortige Beschwerde ein und machte geltend, der Vereinbarung könne keine abschließende Regelung hinsichtlich eines Verzichts auf nachehelichen Unterhalt entnommen werden. Selbst wenn die Vereinbarung sowohl den Trennungs- als auch den nachehelichen Unterhalt umfasse, sei diese nach §§ 134, 139 BGB insgesamt nichtig, da ein Verzicht auf Trennungsunterhalt unwirksam sei.
Das Rechtsmittel der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG führte die Unwirksamkeit des Verzichts auf Trennungsunterhalt nicht auch zu einer Unwirksamkeit des Verzichts auf nachehelichen Unterhalt.
Zwar habe nach § 139 BGB die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts im Zweifel die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts zur Folge. Dieser Grundsatz erfahre jedoch eine Einschränkung dadurch, dass über die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts aufgrund des mutmaßlichen Parteiwillens und damit unter Abwägung der Interessen der Parteien zu entscheiden sei.
Demzufolge sei regelmäßig dann, wenn sich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts auf einen abtrennbaren Teil beziehe und nicht auf das Rechtsgeschäft im Übrigen, von der Wirksamkeit des restlichen Teils des Rechtsgeschäfts auszugehen sei, wenn die Parteien das Rechtsgeschäft auch ohne den unwirksamen Teil abgeschlossen hätten. Die Nichtigkeit beziehe sich vorliegend auf einen abtrennbaren Teil des Rechtsgeschäfts, da Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt völlig unterschiedliche Lebenssachverhalte und Anspruchsgrundlagen beträfen und auch wegen der Unterschiede bei der Personalfürsorgepflichten keine Wesensgleichheit bestehe.
Das OLG ging davon aus, dass den Parteien die Unwirksamkeit des Verzichts auf Trennungsunterhalt nicht bekannt war und sie eindeutig und unzweifelhaft sämtliche Unterhaltsansprüche für die Zukunft ausschließen wollten.
Es ergäben sich auch keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte die Klägerin in einer verwerflichen Weise zum Abschluss der Vereinbarung gedrängt habe. Dem Vorbringen der Klägerin sei nicht zu entnehmen, dass er eine irgendwie geartete Zwangslage ausgenutzt habe. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Vereinbarung zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden sei, als der Scheidungsantrag des Beklagten bereits bei Gericht eingegangen war. Von einer Sittenwidrigkeit und der damit verbundenen Nichtigkeit der Vereinbarung könne daher nicht ausgegangen werden.
Hinweis
Enthält eine Parteivereinbarung einen einheitlichen Verzicht auf "Ehegattenunterhalt", muss zunächst durch Auslegung ermittelt werden, ob von diesem Verzicht nur der geschuldete Unterhalt - somit der Trennungsunterhalt - ausgeschlossen werden soll oder sich der Verzicht auch auf nacheheliche Unterhaltsansprüche bezieht. Haben die Parteien einen Verzicht sowohl auf den Trennungs- als auch den nachehelichen Unterhalt gewollt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Unwirksamkeit des Verzichts auf Trennungsunterhalt den Verzicht auf nachehelichen Unterhalt nicht tangieren soll.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Beschluss vom 23.10.2006, 13 WF 984/06