Leitsatz
Umfasst eine Vereinbarung zwischen Bauunternehmer und Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sämtliche aus der mangelhaften Erstellung des gemeinschaftlichen Eigentums herrührenden Folgen einschließlich noch ausstehender rechtsgeschäftlicher Abnahme, so ändert sich damit der Werkvertrag im Erfüllungsstadium in ein neues vertragliches Verhältnis der Durchführung einer Reparatur entsprechend den vereinbarten Vorgaben.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 6 Satz 3
Das Problem
- Bauträger B errichtet ab dem Herbst 1998 eine Wohnungseigentumsanlage mit 203 Wohnungseigentumsrechten in München. In den gleichlautenden Kaufverträgen verpflichtet sich B, das Sondereigentum, die Außenanlagen und die Tiefgarage anhand der Baubeschreibung schlüsselfertig zu erstellen. Das gemeinschaftliche Eigentum soll für alle Erwerber verbindlich durch einen unabhängigen Sachverständigen abgenommen werden, der von B bestimmt wird. Die Wohnungseigentumsanlage ist 2000 fertig. Die Erwerber nehmen zwischen April und September 2000 das Sondereigentum ab und werden in der Folgezeit jeweils als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. B und die Wohnungseigentümer streiten darüber, ob der von B bestimmte Sachverständige das gemeinschaftliche Eigentum abgenommen hat. 2006 stellt das Landgericht fest, dass bis zum 14.12.2005 keine wirksame rechtsgeschäftliche Abnahme erfolgt ist. 2009 schließen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und B eine "Sanierungsvereinbarung". Eine rechtsgeschäftliche Abnahme, die den Bestimmungen dieser Sanierungsvereinbarung genügt, ist bis heute nicht erfolgt. 2013 beauftragen die Wohnungseigentümer den Verwalter, gegen B Ansprüche über ca. 250.000 EUR gerichtlich durchzusetzen (Nachbesserungsarbeiten Malerarbeiten, Aufzugsreparaturarbeiten, Reparaturarbeiten Garagen, Elektroreparaturen und Lampen, Aufzugsbetriebskosten ohne Reparaturen, Straßenreinigungsgebühren, Strom für den Betrieb der Sprinkleranlage sowie Beleuchtung der Gänge und Flure, Betriebskosten Garagen, Brandmeldeanlage, Funktionsprüfung der Feuermelder, Sprinkler- und Wasserlöschanlage, Feuerlöscherprüfung, Glasversicherung, Gebäudeversicherung, Haftpflichtversicherung, Hausmeisterkosten, Gartenpflegekosten, Ungezieferbeseitigung, Verwaltungskosten, Verwaltungskosten für die Tiefgarage und Austausch elektronischer Heizkostenverteiler). Zu den Kosten trägt die klagende Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vor, dass ein Teil dieser Folgekosten bestehender Mängel seien und es sich im Übrigen um die Instandhaltungskosten aus dem Jahr 2010 handle.
- Das Landgericht weist die Klage – teilweise als "derzeit unbegründet" – ab. Es handele sich bei den geltend gemachten Forderungen um allgemeine Betriebskosten und Kosten der laufenden Instandhaltung. Eine Anspruchsgrundlage, nach der der Werkunternehmer für die laufenden Betriebs- und Instandhaltungskosten einzustehen habe, sei nicht erkennbar. Im Übrigen würden Mängelbeseitigungsansprüche ausscheiden aufgrund der Sanierungsvereinbarung, da diese jedenfalls für die Zeit des Schwebezustands die Gewährleistungsrechte bis zur Abnahme abschließend regele und die danach bestehenden Anspruchsvoraussetzungen nicht vorgetragen seien.
- Hiergegen richtet sich die Berufung. Das Bauvorhaben befände sich immer noch mangels Abnahme im Erfüllungsstadium. B sei daher verpflichtet, alle Maßnahmen zu treffen, die zur Herstellung und zum Erhalt des geschuldeten neuwertigen Zustands erforderlich seien. Besitz, Nutzungen und Lasten seien noch nicht rechtlich auf die Käufer übergegangen, da eine Übergabe und Abnahme des noch nicht erfolgt sei. Die Sanierungsvereinbarung schließe die hier geltend gemachten Ansprüche nicht aus. Es handle sich hier um Folgeschäden.
- Die Berufung hat keinen Erfolg!
Die Entscheidung
Die Klage beziehe sich auf 2 verschiedene Anspruchsgründe. Zum einen würden Mängel bzw. Mängelfolgeschäden für ursprünglich bereits bestehende Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum geltend gemacht. Diese Klage sei – wie vom Landgericht beurteilt – derzeit unbegründet. Zum anderen begehre die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer laufende Unterhaltskosten für den Zeitraum 2010 und darüber hinaus die Feststellung der Haftung für diese Kosten bis zum Zeitpunkt der Abnahme.
Kommentar
Mängelbeseitigungskosten
Soweit die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Mängelbeseitigungskosten geltend mache, sei sie an der Geltendmachung dieser Ansprüche durch die Sanierungsvereinbarung zurzeit gehindert. Die Frage etwaiger Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum sei Gegenstand diverser Verfahren gewesen und habe zum Abschluss der "Sanierungsvereinbarung" geführt. Aus der Sanierungsvereinbarung ergebe sich, dass eine Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums noch ausstehe. Ferner habe man einvernehmlich die Abwicklung der Mängelbeseitigung und die Abnahme verbindlich geregelt. In der Sanierungsvereinbarung habe sich B verpflichtet, sämtliche Sachmängel der Werkleistung, soweit sie bisher festgestellt waren oder künftig festgestellt werden, zu beseitigen und entspre...