Normenkette

§ 3 Abs. 2 WEG, § 890 BGB, § 5 BGO

 

Kommentar

1. Die Vereinigung mehrerer zum selben Stammgrundstück gehörender Wohnungseigentumsrechte desselben Eigentümers ist entsprechend § 890 BGB grundsätzlich rechtlich möglich und setzt nicht die Abgeschlossenheit ( § 3 Abs. 2 WEG) der vom nunmehr einheitlichen Wohnungseigentumsrecht umfassten Raumgesamtheit als solcher voraus. Es ist also nicht erforderlich, dass mehrere Wohnungen nach der Vereinigung eine einheitliche, in sich abgeschlossene Wohnung bilden müssen (umstritten; wie hier: BayObLGZ 1971, 102 und 1971, 246; Bärmann-Pick-Merle, 6. Aufl. § 3 Rn. 48; Soergel-Baur, BGB, § 9 WEG Rn. 8; anderer Ansicht u. a.: Weitnauer, § 3 Rn. 25 b).

Was die Abgeschlossenheit gegenüber dem Gemeinschaftseigentum und dem Sondereigentum anderer Eigentümer betrifft, macht es keinen Unterschied, ob zwei nebeneinanderliegende getrennte Sondereigentumswohnungen je einen Zugang zum Treppenhaus haben oder ob an deren Stelle eine Wohnungseinheit zwei solche Zugänge besitzt.

Das Abgeschlossenheitserfordernis des § 3 Abs. 2 WEG hat den Sinn, die Eigentums- und Benutzungsverhältnisse innerhalb des in Wohnungseigentum aufgeteilten Gebäudes klarzustellen und Streitigkeiten vorzubeugen, die sich aus einer Unklarheit dieser Beziehungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht innerhalb eines Gebäudes ergeben können. Ist Voraussetzung für die Vereinigung von Wohnungseigentumsrechten, dass sie an demselben Stammgrundstück bestehen und demselben Eigentümer gehören, so ist dem Sinn und Zweck des Abgeschlossenheitserfordernisses auch nach der Vereinigung dadurch weiterhin genüge getan, dass die Abgeschlossenheit im bisherigen Sinne fortbesteht. An der Abgrenzung hat sich auch nach Vereinigung nichts geändert.

2. Etwaige Probleme der dinglichen Abgrenzung innerhalb des vereinigten Wohnungseigentumsrechts mit Rücksicht auf unterschiedliche Belastungen der früher selbstständigen Wohnungseigentumsrechte sind ausschließlich nach § 5 Grundbuchordnung (GBO) wegen Besorgnis der Verwirrung zu lösen. Nach § 5 S. 1 GBO soll ein Grundstück nur dann mit einem anderen Grundstück vereinigt werden, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Verwirrung" ist zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Rechte des Eigentümers nur gerechtfertigt sind, wenn sie der Grundbuchverkehr aus objektnachvollziehbaren Erwägungen eindeutig erfordert; dabei kommt es auf Verwirrung in rechtlicher Hinsicht an, während die rein technische Unübersichtlichkeit des Grundbuchs regelmäßig nicht für eine solche Verwirrung ausreicht.

Dies gebietet auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

3. Die Besorgnis der Verwirrung ist im Fall einer solchen Vereinigung von Wohnungseigentumsrechten grundsätzlich auch nicht allein deshalb begründet, weil die Wohnungseigentumsrechte unterschiedlich belastet sind. Solange aus dem Grundbuch auch nach Eintragung der Vereinigung zu ersehen ist, auf welchem Teil des nunmehr einheitlichen Grundstücks welche Belastungen in welcher Rangfolge lasten, besteht grundsätzlich nicht die Besorgnis der Verwirrung. Die einzelnen unterschiedlich belasteten Grundstücksteile (hier: Wohnungeigentumsrechte) werden also in der Zwangsversteigerung weitgehend wie selbstständige Grundstücke im Rechtssinne behandelt. Die Bestandteile des durch Vereinigung entstandenen neuen Grundstücks verlieren somit ihre Selbstständigkeit weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht, sodass allein die grundbuchtechnisch ohne weiteres erfassbare unterschiedliche Belastung der Flurstücke die Besorgnis der Verwirrung nicht rechtfertigt, insbesondere nicht im Hinblick auf eine mögliche Zwangsversteigerung.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 27.06.1989, 1 W 2309/89= NJW-RR 22 / 89, 1360)

zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung

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