Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Im wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren werden die Beteiligten/Parteien als Kläger und Beklagte bezeichnet. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Gerichtsverfahren als solche parteifähig und kann klagen und verklagt werden. Insoweit ist stets zu unterscheiden, ob der Verband als Partei betroffen ist oder einzelne Wohnungseigentümer.
1 Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung
Gesetzliche Regelungen finden sich in den §§ 43 ff. WEG.
BGH, Urteil v. 11.11.2022, V ZR 213/21: Die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum (hier: Nachbesserung nach § 439 Abs. 1 BGB) unterfallen nicht der Ausübungsbefugnis gemäß § 9a Abs. 2 WEG. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann solche Rechte auch nach der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes weiterhin durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen; die Kompetenz für einen solchen Beschluss folgt aus § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG.
BGH, Urteil v. 11.6.2021, V ZR 41/19: Nach der zum 1.12.2020 in Kraft getretenen Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes kann ein Wohnungseigentümer Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche gemäß § 1004 BGB und § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, die auf die Abwehr von Störungen im räumlichen Bereich seines Sondereigentums gerichtet sind, weiterhin auch dann selbst geltend machen, wenn zugleich das Gemeinschaftseigentum von den Störungen betroffen ist; die alleinige Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 2 WEG bezieht sich auf die Abwehr von Störungen des Gemeinschaftseigentums.
2 Grundsätze
Auch im wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren werden die Beteiligten/Parteien unter dem Geltungsbereich der ZPO als "echtem" Streitverfahren als Kläger und Beklagte bezeichnet.
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist nach § 9a Abs. 1 Satz 1 WEG im Gerichtsverfahren als solche parteifähig und kann klagen und verklagt werden.
Gemeinschaft als Beteiligte
Bestehen beispielsweise Mietansprüche aus der Vermietung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums gegen den Mieter, so tritt die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche als Klägerin auf und nicht die einzelnen Wohnungseigentümer. Werden andererseits gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft beispielsweise (restliche) Werklohnforderungen geltend gemacht, so wird die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche verklagt und nicht ihre einzelnen Mitglieder.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist auch Forderungsinhaberin der von den Wohnungseigentümern zu zahlenden Hausgelder. Auch insoweit werden entsprechende Ansprüche durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht. Dies gilt entsprechend für Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer oder auch gemeinschaftsfremde Dritte. Da der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 18 Abs. 1 WEG die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt, haben sich auch Beschlussklagen nach § 44 Abs. 1 WEG stets gegen die Gemeinschaft zu richten.
Geltendmachung von Individualansprüchen der Wohnungseigentümer durch die Gemeinschaft
Bezüglich der auf die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum, sind die entsprechenden Ansprüche durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend zu machen. Die Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft bezüglich der Mängelrechte der Wohnungseigentümer resultiert dabei nicht aus § 9 a Abs. 2 WEG, die Kompetenz für einen solchen Beschluss folgt vielmehr aus §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG, weil die Mängelbeseitigung als Erhaltung des Gemeinschaftseigentums anzusehen ist.
Bezüglich Individualansprüchen der Wohnungseigentümer ist zu beachten, dass sämtliche dem Verwalter nach dem WEG obliegenden Pflichten, solche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sind. Wollen also Wohnungseigentümer etwa die Erstellung von Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung oder Vermögensbericht gerichtlich durchsetzen, haben sie ihre Klagen gegen die Gemeinschaft zu richten und nicht etwa gegen den Verwalter. Der Verwaltervertrag entfaltet nach herrschender Meinung auch keine Schutzwirkung zugunsten der Wohnungseigentümer.
Unterlassungsansprüche wegen einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung des Sondereigentums und Ansprüche auf Beseitigung einer baulichen Veränderung können einzelne Wohnungseigentümer nur dann gerichtlich durchsetzen, wenn sie konkret in ihrem Sondereigentum gestört sind. Im Übrigen können diese Ansprüche nur durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 9a Abs. 2 WEG durchgesetzt werden.